Arianwen ni Rhun
- I.Wagner -

Name: Arianwen ni Rhun
Titel  -
Rang:  -
Nationalität: Albernierin
Geburtstdatum: 05.Travia 09.Hal - Albernia
Stationierung:  -
Einheit: I.Lanze Langschwerter der Wacht am Großen Fluß

„Yondur? Eileen?“ unsicher klang die Stimme Arianwens durch das verlassene Haus. Kein Schaf blöckte mehr, kein Hund bellte, kein Kind rief. Aber alles war in Ordnung, nichts verbrannt, nichts zerstört, nur war alles verlassen. Unsicher ging die junge Frau zum Haus, öffnete die Tür, die nur angelehnt war und rief wieder nach ihrem Bruder und seiner Frau. Keine Antwort. Vorsichtig betrat sie den Raum. Die Regale waren leer, der Vorratsraum nach näherer Begutachtung auch, Kleider und Haushaltswaren waren verschwunden. Niemand war mehr da.

Sie war allein.

Das nur allzu vertraute beklemmende Gefühl der hochsteigenden Panik ist Arianwen noch zu gut im Gedächtnis, als das sie nicht jedes Mal mit sich kämpfen müsste, um ruhig zu bleiben, wenn sie sich an die Geschehnisse im Sommer der Jahre 36 – 37 Hal erinnert. Zur Landwehr war sie gerufen worden, gegen die Nordmärker sollte sie streiten, ihr Land, ihr Albernia verteidigen gegen einen machthungrigen Herzog, der lieber seine Nachbarn überfiel anstatt die armen Leute in Gareth vor den schwarzen Horden zu schützen. Über 300 Männer und Frauen waren sie gewesen, wie sie gemeinsam mit den Otterntalern von Orbatal zum Lager der Königin gezogen waren. Bauern, Handwerker, Freie wie Unfreie, Männer, Frauen, alt wie jung, die wenigsten im „besten“ Alter. Wie stolz sie sich damals gefühlt hatte, besonders, als sie mal einen Blick auf die junge schöne Königin Invher ni Bennain hatte werfen können! Heute klang ihr Lachen bitter, dachte sie an ihre Naivität von damals. Kämpfen wollte sie, ihr Land verteidigen... große Träume. Tiefer Fall.

Niedergerittten wurden sie von den schweren Hufen der viel zu zahlreichen nordmärkischen Reiterei, zertrampelt als wären sie keine Menschen sondern irgendwelches Ungeziefer, das es auszumerzen galt. Schon in der ersten Welle hatte ihr ein Reiter sein Schwert übergezogen, die lange Narbe in ihrem Gesicht würde sie ihr Leben lang daran erinnern. Aber wenigstens hatte sie noch ein Leben. Damit zählte sie zu den vielleicht zwei Dutzend Orbatalern, die von der Schlacht nach Hause gekehrt waren. Wie hatte sie sich gefreut, zum heimischen Hof des Bruders zurück kehren zu können nach der langen Zeit im Lazarett auf dem blutgetränken Schlachtfeld von Crumolds Au. Wie bitter war das Erwachen gewesen. Keine Nachbarn hatten ihr sagen können, wohin Yondur mit seiner Familie gezogen war. Sie konnte nur vermuten, daß sie Angst bekommen hatten, als die Nachricht von Albernias Fall sie erreichte, Angst vor den Nordmärkern, die ihnen alles nehmen würden, ihr Vieh, ihre Vorräte, vielleicht das Leben, würden sie nicht dem Herzog die Treue schwören. Und sicher hatten sie Arianwen für tot gehalten, denn niemand aus der Nachbarschaft kam zurück vom blutigen Feld der Schlacht, in der Albernia seine Freiheit verlor. Würde sie ihre Familie je wieder sehen?

Nun saß sie vor der Schüssel mit Wasser, mit dem sie sich gerade hatte waschen wollen, als die Erinnerung sie überkommen hatte. Das Spiegelbild zeigte große braune Augen, die einen ernsten Ausdruck bergen, umrahmt von rötlichbraunem Haar, das sich in vereinzelten Strähnen aus ihrem Zopf gelöst hatte. Geschmählert wird ihr eigentlich angenehmes Äußeres durch diese hässlich aussehende Narbe, die sich erst zeigt, wenn sie den Kopf nach rechts dreht: Über fast die ganze linke Seite, nahe des Ohres, zieht sich die Verletzung, die sie für immer an die schrecklichsten Stunden ihres Lebens erinnern wird. Und doch ist dies nur das Zeichen der äußeren Wunden. 

Von draussen tönte Schwertergeklirr herein. Das erinnerte sie wieder daran, wo sie jetzt war. Im Orden des Zorne Rondras. Freundlich war sie aufgenommen worden, als sie haltlos durch ihre Heimatgegend gezogen war auf der vergeblichen Suche nach ihrer Familie. Der Ruf war dem Orden schon voraus geeilt, besonders, da er sich im Krieg zwischen Albernia und den Nordmarken neutral verhalten hatte, obwohl die Nordmärker dies anzweifelten. Hier sah sie ihre Chance gekommen und hatte um Aufnahme gebeten. Wo würde ihr Weg sie hinführen? War sie wirklich die Kriegerin, die sie zu werden im Begriff war? Andererseits – was blieb ihr denn noch, ohne Familie, ohne Beruf, mit entstelltem Gesicht... Arianwen seufzte. Es half ja alles nichts. Sie packte ihr Schwert – aus Holz, nicht aus kaltem Eisen und bereitete sich darauf vor, einen neuen Tag zu überstehen in einem Leben, das so anders war, als sie es je gewollt hätte.