Gesinde auf Burg Grünwarte

Gorm Lowanger - Schmied 
Der mittlerweile fast siebzig Götterläufe zählende Schmied verarbeitete schon vor dem Orkensturm jedes glühende Eisen in die gewünschte Form, als noch Rondrageweihte auf Grünwarte ihren Dienst an der Sturmherrin versahen.
Noch zu Regierungszeiten der kaiserlichen Geschwister Bardo und Cella begann der damals junge Gorm in der kleinen Dorfschmiede seines Vaters in Grensacht die Fertigkeiten eines Schmiedes zu erlernen. Die Bauern der umliegenden Gehöfte, aber auch Herrschaften der Baronin vertrauten den Kenntnissen der „Lowanger-Schmiede“ und ließen hier nicht nur ihre Pferde beschlagen, auch Gerät des alltäglichen Bedarfs, wie Pflüge und Sensen brachte die doch meist bäuerliche Kundschaft. Weiterhin wurden Messer, Sägen und Äxte der hier ansässigen Holzfäller geschliffen. Als später, Gorms Vater war indessen Golgaris Ruf gefolgt, die Geweihtenschaft der Frau Rondra auf Burg Grünwarte ihren Einzug hielt, kamen die Novizen und Krieger, um ihre Schwerter schmieden und gegebenenfalls schärfen zu lassen.
Gorm hatte mittlerweile geheiratet und war stolzer Vater zweier strammer Buben geworden, als ihn ein Schicksalsschlag nach dem anderen vollends aus der BahnGorm Lowanger - Schmied auf Grünwarte warf. Eines Tages kehrte seine gute Heiltrude mit ihren Söhnen aus den dichten Wäldern nicht mehr vom Beerenpflücken zurück. Die tagelange Suche blieb trotz allen Bemühens erfolglos, seine Familie blieb auf immer verschwunden. Der Schmied haderte mit sich und den Göttern und verfiel dem Trunke. Durch Unachtsamkeit bei der Arbeit, wobei er mehr zur Flasche als zum Hammer griff, geschah es dann: Die sprühenden Funken entzündeten ein schwelendes Feuer und bald brannte die Schmiede lichterloh. Der betrunkene Gorm konnte im letzten Augenblick von zwei mutigen Knappen der Göttin, die ihre Waffen abholen wollten, aus dem zusammenbrechenden Haus gerettet werden.
Als er nun so mutlos geworden vor den Trümmern seines bisherigen Schaffens stand, hatte der Praetor der Geweihtenschaft der Burg Grünwarte ein mildes Herz und bot ihm einen neuen Anfang auf der Burg an. So bezog Gorm ein kleines, gedrungenes Gebäude, richtete dort seine Esse ein, und schon einige Tage später klangen Hammerschläge über den Burghof. 
In den Jahren des Orkkrieges, die Besatzung hatte sich mutig dem Schwarzpelz entgegengestellt und Grünwarte bis auf den letzten Mann verlassen, verwaltete Gorm das Anwesen zusammen mit der dicken Köchin Titina. Es dauerte einige Zeit, bis sich erneut Krieger der Sturmherrin in den Mauern Grünwartes einfanden, von der alten Besatzung war keiner zurückgekehrt. Die Geweihten waren froh, Gorm und Titina vorzufinden, hatten sie doch für eine lange Zeit die Gebäude mit großer Umsicht verwaltet. Der Schmied konnte nun wieder mit Freude seinem Handwerk nachgehen und ließ den Hammer tanzen, um seinen neuen Herren die schönsten und schärfsten Waffen zu erstellen.
Doch nur einige Jahre währte diese einträchtige Zeit. Wieder mußten die Recken ziehen, diesmal gegen den Bethanier, und bis auf einen Geweihten blieben alle Streiter auf dem Feld der Ehre.
Das nunmehr fast verwaiste Anwesen erhielt jedoch nach kurzer Zeit neue Herrschaft. Mutige Krieger hatten sich nach der Schlacht an der Trollpforte zu einem Orden wider die Finsternis zusammengetan und erhielten Grünwarte als Sitz. 
Doch Gorm hielt sich mittlerweile für zu alt, um diesen Ordenskriegern seine Künste zur Verfügung zu stellen und meinte damit den Anforderungen, die der neue Herr an die Qualität seiner Kunst stelle, nicht zur Genüge zufrieden stellen zu können. Als jedoch der neue Wächter der Burg, Galacher ben Drou, Ritter von Grünwarte, sah, welche Fingerfertigkeit und Geschick in den Händen des alten Schmiedes lag, bat er ihn inbrünstig mit seinem Tagwerk fortzufahren, da ben Drou selten so sauber und mehrfach gefältelte Klingen gesehen hatte.
So sprühen auch heute noch die Funken in des alten Gorms Werkstatt, man hört das Zischen des glühenden Stahls, wenn er gehärtet werden soll und das Klingen eines immer noch kräftig geschwungenen Hammers. Bei den Pausen, die sich der Alte gönnt, sieht man ihn manchmal auf einer kleinen Holzbank vor der Schmiede Pfeife rauchend sitzen. Dabei lauscht er mit erfahrenem Ohr, wenn sich bei Übungskämpfen der Klang der ein oder anderen Waffe nicht rein genug anhört. Daß sich dieses Schwert zur Verbesserung der Qualität kurz darauf wieder in Gorms Schmiede einfindet, dürfte dem geneigten Leser wohl klar sein. 



Titina Treublatt - Köchin 

Etwa zwei Götterläufe bevor der Schwarzpelz das Land verheerte, vermeinte die rundliche Greifenfurterin, den Ruf der Göttin erfahren zu haben. Als nun im Sommer Titina Treublatt - Köchin auf Grünwarte des Jahres 15 Hal ein Novize der Rondra auf einem Besuch in der Hauptstadt der Markgrafschaft weilte, um dem Traviafest seines Bruders beizuwohnen, überfiel ihn Titina, die dort für das leibliche Wohl der Hochzeitsgesellschaft Sorge zu tragen hatte, mit einem Schwall an Überredungskünsten, sie mit zu den Rondrianern zu nehmen, um dort den Dienst an der Göttin zu erlernen. Doch da der Novize befürchtete, daß die gute Köchin wegen ihres Leibesumfangs wohl kaum in der Lage wäre, schnell und behendend das Schwert zu führen, riet er ihr von ihrem Vorhaben entschlossen ab. Doch Titina ließ sich von den Absagen des jungen Mannes nicht beeindrucken, betete und bekniete den Novizen, bis er schlußendlich nach vier Stunden augenrollend und entnervt aufgab und ihr versprach, sie nach Burg Grünwarte mitzunehmen. 
Auf der Burg angekommen, mußte Titina jedoch nach wenigen Monden erkennen, daß sie nun doch nicht für ein schwertführendes Dasein taugte. Wohl lernte sie die rondrianischen Gebete mit Eifer, meist als erste, auswendig, doch als es um körperliche Disziplinen ging, sah man sie nach der ersten Übung japsend aufgeben.
„Wenn ich der Göttin auch nicht mit dem Schwerte dienen kann, werde ich es eben auf die Weise tun , daß ich euch kräftig und gesund in den Kampf ziehen lasse!“ sprach‘s, drängte den alten Priester Reo Grabensalb, der bis dorthin mehr oder weniger für das leibliche Wohl der Truppe gesorgt hatte, aus der Küche und nahm als ihre neue „Waffe“ den Kochlöffel zur Hand. 
(Seit diesen Tagen hat auch der faulige Geruch aus dem Prunzenhaus rapide abgenommen, da die meisten der Besatzung dort heimlich ihre Essensreste entsorgten. Aber das hat den geneigten Leser nur am Rande zu interessieren).
Titina, von der Geweihtenschaft liebevoll „Tita“ genannt, war nun froh, auf andere Art der Göttin Rondra dienen zu können. Auch war sie diejenige, die sich mütterlich der Nöte und Sorgen neuer Novizen annahm, sie tröstete und ermutigend auf sie einwirkte. 
Dieses hat sich bis zum heutigen Tage nicht geändert, obwohl sich die Herrschaft auf Grünwarte seitdem zweimal erneuert hat. Den Recken vom Orden des Heiligen Zorns stellt sie ebenfalls mit viel Wohlwollen ihre kulinarischen Künste zu Verfügung. Allerdings hat sie, nach näherem Kennenlernen der wackeren Streiter, ein Auge auf den feschen Ritter von Leuenfels, Filgrim Tannhaus geworfen. Aber es scheint, daß dieses dem Herrn Ritter Leutnant bisher entgangen ist.
Wie auch immer, Titina Treublatt ist von der Truppe zum guten Hausgeist des Ordens erkoren worden. Vor kurzem erst wollte der Wächter Galacher ben Drou seine Köchin mit einem verschmitzten Augenzwinkern zur „großmeisterlichen Küchenfee“ befördern.



Geppert Derpelstein - Pferdeknecht
Aus dem besetzten Tobrien kam Geppert vor etwa zwölf Monden (Stand 32 Hal)  mit einem Flüchtlingstreck ins Greifenfurtsche. Der Zug endete in Grensacht. Dabei waren Bauern mit ihrem Gesinde und einige Fischer aus Altdorf am Yslisee. Geppert allerdings war der einzige Überlebende eines Gehöftes, deren Bewohner bei einem Überfall schwarztobrischer Truppen nach langer Folter ums Leben kamen. Angeblich sollten sich auf dem Hof Abgaben in Form von Naturalien befunden haben, die nicht an die Eintreiber des Barons weitergegeben wurden.
Der Bauer wurde demzufolge samt seiner Familie und Gesinde aufs Grausamste gequält, bis sie alle den erlösenden Weg über das Nirgendmeer antraten. Nur der Knecht Geppert konnte sich in einem unbedachten Moment verstecken. In seiner Zuflucht unter dem Prunzenhaus verharrte er zwei Tage, bis die Schergen nach erfolglosem Suchen wieder davon ritten, nachdem sie das Gehöft geplündert hatten und in Brand setzten.
Aber auch der Knecht war nicht ungeschoren davon gekommen. Man hatte ihm mit glühenden Eisen die Zunge verstümmelt.
Halb wahnsinnig vor Angst und Schmerz hielt ihn nur noch ein Gedanke aufrecht: Fort aus diesem Land! Tage später wurde der völlig erschöpfte Geppert von dem Bauern Korninger in einem Waldstück gefunden. Korninger hatte heimlich mit seiner Familie und Gesinde den heimatlichen Hof verlassen, um unentdeckt den schweren Weg in die Freiheit, ins unbesetzte Mittelreich, angetreten. Im Verlauf der Flucht trafen noch einige Fischer aus Falkenhorst und ein weiterer tobrischer Landmann mit Gefolge dazu.
Nach Tagen der Angst erreichten sie, den Zwölfen sei Dank, ungeschoren die freie Stadt Perainefurten. Von dort aus ging es weiter über den Sichelstieg bis in die Gegend um Nordhag, wo sie erfuhren, daß in Grensacht noch Landparzellen zu vergeben wären, die seit dem Orkensturm ohne Bewirtschaftung wären. Geppert Derpelstein - Pferdeknecht auf Grünwarte
So erhielt jeder der Flüchtlinge eine neue Bleibe und Aufgabe. 
Nur Geppert, dessen Geist während der Reise in dumpfes Brüten verfallen war, konnte sich mit den neuen Umständen nicht abfinden. Vor allem lag es daran, daß ausgerechnet er, der während der Arbeit oft fröhlich tobrische Weisen gesungen hatte und abends in der guten Stube lustige Geschichten erzählte, nie wieder in der Lage war, sich klar und deutlich auszudrücken. Es war schwer für ihn, der täglichen Arbeit auf Kornigers neuem Hof nachzukommen, und bald schon wurde er nachlässig in seinem Tun. Zumal der Bauer auch keine Pferde sein Eigen nennen konnte, waren doch gerade diese Vierbeiner Gepperts beste Freunde auf dem tobrischen Heimathof gewesen.
So begab es sich vor gut einem Götterlauf, daß Titina, die Köchin von Grünwarte, das Gehöft des Bauern Korninger besuchte, um dort Eier und einige Stein Korn zu erstehen. Begleitet wurde sie von dem Krieger Santos Wiesenhüter, der wegen einer kleinen Verletzung zur Zeit nicht an den Schwertübungen teilnehmen konnte.
Titina erfuhr von der Bauersfrau über das Schicksal des tumb erscheinenden Knechtes. Durch ihre mütterlichen Instinkte angetrieben, wollte sie daraufhin Geppert Trost spenden, doch außer einem unartikuliertem Zischen und Lallen konnte sie seiner Antwort nichts entnehmen. So setzte sie sich zu ihm und versuchte in dem unverständlichen Gebrabbel einen Sinn zu erkennen.
Nach einer Weile stand Titina auf und sprach zu dem Krieger Wiesenhüter, der gerade das Packpferd belud: „Er liebt Pferde!! Über alles liebt er Pferde!! Wäre da nicht die Möglichkeit...“
Obwohl Wiesenhüter zunächst energisch den Kopf schüttelte, redete Titina weiter beharrlich auf ihn ein. Bisher war der Krieger noch nicht in den Genuß von Titinas Überredungskünsten gekommen, so daß er schlußendlich dann doch seine Zustimmung gab, den Knecht dem Wächter ben Drou vorzustellen.
Als allerdings auch der Wächter anfangs schwankte, dem Bestreben Titinas nachzugeben, fuhr diese härtere Geschütze auf: Sie drohte zuletzt sogar damit, die Burg zu verlassen und die Küche Tarion Löwenzahn zu übergeben, der dann die Mahlzeiten auf den Tisch zaubern könne. Das zog!
Ungläubig erschrockene, weit aufgerissene Augen seitens der umstehenden Recken trafen den Wächter. Plötzlich war auch ben Drou wie selbstverständlich damit einverstanden, dem Knecht die Pferde des Ordens anzuvertrauen.
Mit einem „Ihr werdet eure Entffeidung nicht bereuen, Herr, gnädigften Dank!“ versuchte sich Geppert so klar wie möglich auszudrücken.
Daß die Pferde der Ordenskrieger seitdem in bestem Zustand sind, spricht nur für den Knecht. Auch scheint es, er habe seine schrecklichen Erlebnisse aus seiner Heimat weitgehend verdrängt, oft hört man ihn mit Titina auf dem Hof scherzen, die dann mit einem aufgesetzten wütenden Gesicht hinter dem lachenden Knecht kochlöffelschwingend hinterherläuft.
Doch in manchen unbeobachteten Momenten hört man Geppert ein altes tobrisches Lied summen. Was er sich dabei aus dem Auge wischt, soll sein Geheimnis bleiben.

 

Hjaldis Byrdadottir - Magd
In den Niederungen des Bodir wuchs Hjaldis als Tochter Runes und Byrdas auf deren Hof zu einem schönen und kräftigen Mädchen heran. Rune war eher ein Mann, der den Pflug der Seefahrt vorzog, und somit versuchte der fleißige Thorwaler aus dem kargen Boden zumindest das Nötigste zu erwirtschaften, damit seine Familie nicht Hunger leiden mußte. Seine Lieben zählten acht Köpfe, von denen Hjaldis die jüngste war. Ihre sechs älteren Brüder waren gen Prem, Thorwal und Olport gegangen, um auf ihren Ottas das siebenwindige Meer zu durchpflügen. Ihr ältester Bruder Laske zählte sogar zu der berühmten Ottajasko des legendären Weltenseglers Foggwulf.
Nur Hjaldis und ihre ältere Schwester Jandara waren den Eltern geblieben, mit denen sie das kleine Gehöft in den Ausläufern der Hjaldorberge gemeinsam bewirtschafteten.
Kurze Zeit vor ihrem achzehnten Tsatag jedoch, wurde der Hof von orkischen Mordbrennern bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Rune und Byrda, die sich den Schwarzpelzen tapfer entgegenstellten, wurden schon wenige Augenblicke später aufs grausamste Opfer der blutigen Waffen orkischer Kämpfer. Aus ihrem Versteck mußte Hjaldis mit ansehen, wie die Köpfe ihrer Eltern als Trophäen die Yagriks der Schwarzpelze zierten. Jandara, die wieder und wieder mißhandelt und geschändet Hjaldis Byrdadottir wurde, hatte in einem unbedachten Moment einem ihrer Peiniger den Arbach entreißen können, den sie daraufhin mit letzter Kraft zu seinem Blutgötzen schickte. Aber mit jenem letzten Triumph im Blick, brachen ihre Augen, da ihre Brust in diesem Moment durch eine Speerspitze von hinten durchbrochen wurde.
Nicht viel später wurde auch Hjaldis aus ihrem Versteck gezerrt. Mit der Vorahnung, was nun mit ihr geschehen würde, ergab sie sich in ihr Schicksal und setzte sich nicht mehr zur Wehr. Doch zeigten die Götter Erbarmen, denn der Kommandant der Horde hatte zum Aufbruch befohlen und die Orks ließen fürs Erste von ihr ab. 
Als Sklavin der Omokhan trat die junge Frau nun den beschwerlichen Weg in deren heimische Jagdgründe an. Die niedrigsten Arbeiten zu verrichten, bestimmte seitdem ihren Tagesablauf. Auch mußte sie, wenn es einer der höheren Krieger oder der Schamane befahl, ihnen in deren stinkenden Zelten zu Willen sein. 
Doch der Gedanke an Flucht hatte sich von Anfang an in ihr Hirn gebrannt. Obwohl ihre Hände Abend für Abend mit dicken Lederriemen gefesselt wurden, gelang es Hjaldis mit Phexens Hilfe in einer nebeligen Travianacht zu fliehen. 
Lange irrte sie in der schier endlosen Steppe umher, ernährte sich von eßbaren Wurzeln und Beeren und trank das frische Wasser der wenigen Bäche. Sie wußte nicht mehr, wieviel Praiosläufe sie schon unterwegs war, als sie eines morgens sich nähernden Hufschlag hörte. Schnell verbarg sie sich in einem dichten Unterholz. Es waren Kundschafter mit dem Wappen der Löwin auf ihren Röcken.
Hjaldis verließ ihr sicheres Versteck und gab sich den drei Frauen und zwei Männern zu erkennen. Erschrocken über das plötzliche Auftauchen der Gestalt aus den Büschen fuhren ihre Hände blitzschnell an die Schwertgriffe, ließen jedoch kurz danach davon ab, als sie erkannten, daß von dem Mädchen keine Gefahr ausging. Als sie sie ansprachen wer sie sei und woher sie komme, blieb Hjaldis den wackeren Streitern die Antwort jedoch schuldig. Sie schaute die Rondrianer nur aus verzweifelten Augen an. Das Mädchen, das früher so gerne gelacht und gesungen hatte, war stumm geworden.
Zwei der geweihten Krieger, die eigentlich einer vagabundierenden Orkbande auf den Fersen gewesen waren, kehrten nun mit Hjaldis um und nahmen sie mit auf ihre Reise zum heimatlichen Tempel ins ferne Andergast, wo sie in den nächsten Tagen wieder zu Kräften kam. 
Nach einigen Praiosläufen bot sich die junge Frau seiner Hochwürden, dem Tempelvorsteher, als Magd an. Doch dieser mußte ihr wohlgemeintes Angebot, ob der Flüchtlinge des ewig dauernden Krieges mit den Nostrianern, die schon länger den Tempel mit bewirtschafteten, ablehnen. Doch hatte er von Glaubensbrüdern in Nähe des Finsterkamms im Greifenfurtschen gehört, die erst vor kurzer Zeit die alte Burg Grünwarte zum Lehen erhalten hatten.
Und so kam es, daß sich zwei Tage später der Rondrageweihte Reo von Ulmenstein als Schutzbefohlener Hjaldis‘ mit ihr dorthin auf den Weg machte. Die Reise verlief recht eintönig, da auch der humorvolle Reo dem Mädchen weder ein einziges Wort, geschweige denn ein Lächeln entlocken konnte. 
Nach knapp zwei Wochen erreichten sie dann endlich ihr Ziel. Mittlerweile hatte schon das Sternbild des Raben den Zenit an Aventuriens Sternenhimmel erreicht und die ersten Nachtfröste hatten schon kräftig funkelnden Reif an die Blattspitzen gezaubert.
Als sie auf dem Burghof von den Pferden stiegen, schaute sich Hjaldis unsicher um. Reo wurde sofort beim Wächter der Burg vorgelassen und verschwand hinter einer dicken Eichentür. Als Titina aus ihrem Küchenfenster blickend das junge, frierende Mädchen im Hof bei den Pferden stehen sah, legte sie flugs den hölzernen Löffel an die Seite, stieß die Tür auf und winkte freundlich der hübschen Thorwalerin einzutreten. Sanft schob die dicke Köchen das Mädchen an den Tisch, auf den Titina Augenblicke später eine dampfende Suppenschüssel stellte. Erst zaghaft, dann mit zunehmendem Appetit, löffelte Hjaldis das würzig duftende Essen in sich hinein. Als sie den Teller geleert hatte, nahm das Mädchen wie selbstverständlich einen hölzernen Eimer zur Hand, um Wasser vom Brunnen zum Abwaschen zu holen. 
In diesem Moment öffnete sich die Küchentür und ein hünenhafter Mann gefolgt von Reo betrat den Raum. „Somit hat sich die Sache mit der Arbeitsplatzzuteilung ja schon von selbst erledigt.“ lachte der Krieger. „Ich bin Galacher ben Drou, sei herzlich Willkommen in Deiner neuen Heimat, Mädchen, das heißt, wenn du dieses hier,“ und er breitete mit einer halben Drehung seine Arme aus, „als neue Heimat ansehen möchtest?!“ Das verschmitzte Gesicht der Köchin ließ Hjaldis die Entscheidung leicht fallen. Sie nickte ben Drou mit ihren großen blauen Augen heftig zu, und es war das erste Mal seit langer Zeit, daß man den Anflug eines Lächelns auf dem Gesicht der jungen Thorwalerin entdecken konnte. 

Georg Morick