Gespräch
zwischen einem Ordensmagus
und einem Praioten
von
Aitrecht Güldenfeld und Feanwulf Firunjason
Es war Ende Phex des 30 Götterlaufes nach der Intronisation des Kaisers Hal (oder 1023 nach dem Falle Bosparans). In Dergelmund ob dem Meere hielt langsam die gütige Hand Peraines Einzug. Der Weibel des Ordens des Heiligen Zorns der Göttin Rondra hatte nach der Ratssitzung dem Magus und Krieger Faenwulf Firunjason davon unterrichtet, daß ihn der Geweihte des Praios Aitrecht Güldenfeld gerne sprechen würde. Es würde um Fragen der arkanen Künste gehen, doch worum, das sollte der Magier doch schließlich selbst herausfinden. "Werter Freund, Faenwulf, halte Dich tapfer und laß Dich nicht einschüchtern von dem Praiotus Güldenfeld!" gab ihm Thorgun Torstorson noch aufmunternd auf den Weg. "Ich werde es schon schaffen! Wir sind Thorwaler und lassen uns schon nicht so schnell aus der Ruhe bringen!", erwiderte der Magus.
Kurz nach Mittag entschied
Magister Firunjason, es sei Zeit zum Aufbruch,
und da sich jeder aus dem Orden vorstellen konnte, daß diese ganze Sache
etwas unangenehm für Faenwulf ist, entschloß sich Efferdo seinen Freund
zu bekleiden.
"Zumindest bis zum Tempel werde ich mitkommen" bestand der Almadaner energisch weiter auf seine Begleitung, nachdem
der Magus das Angebot erst ablehnen wollt.
Von der "Guten Ruh" zum Amtshof hinüber war es nicht weit, und so beschlossen
sie querfeldein zu laufen. An diesem Ende
der Stadt hatten die Dergelmunder tatsächlich so etwas wie
eine Stadtmauer errichtet, samt Stadttor. Das aber anscheinend nicht
allzu gut bewacht war, wozu auch? Der
Thorwaler und der Almadaner schritt über die braungelben Wiesen, auf denen
sich das erste Grün zeigte. Jeder Tritt
quitschte und quatschte, manchmal mußte sich Firunjason
an seinem Stab über eine Wasserlache schwingen. Geschah dies, stand
Efferdo stets nachdenklich auf der anderen Seite der Lache. Doch als er
das Grinsens Feanwulf sah, schätzte er die Entfernung kurz ab, nahm etwas Anlauf
und schwupps, stand er bei seinem Kameraden auf der Seite. Scherzend
gingen die beiden dann weiter, doch mit jedem Schritt wurde der Magus
nachdenklicher. Er wunderte sich, was
dieser Praiosgeweihte - nicht einmal der Stadt, sondern
des Amtmannes eigentlich - von ihm wollte. Im
Grunde genommen kann ihm nicht viel passieren, denkt Faenwulf sich so auf seinem
Weg zu dem Treffen, schließlich ist er Mitglied in einem ehrenwerten Orden,
in dem er ein anerkanntes Mitglied ist. Doch, ja was ist, wenn der Praiotus
ihn so richtig auseinander nehmen will? Doch warum sollte er dies, er
möchte wohl nur sicher gehen, dass er, Faenwulf, ein Magus mit göttergefälligen
Tugenden ist, was sich nun auch nicht bestreiten läßt! Wie
auch immer, er verspürt keine Angst, obwohl ihm Freunde schon einiges erzählt
haben, von der heiligen Inquisition, doch dieser Praiotus warschließlich kein
Inquisitor.
"Mach Dir mal keine Gedanken." versuchte Efferdo, der die
nachdenkliche Miene Faenwulf bemerkte
seinen Freund zu beruhigen, "Der alte Thorgun wird schon
aufpassen, daß Dir nichts passiert. Ich habe sogar gehört, daß von Bredenhag,
ebenfalls für jeden von uns durchs Feuer gehen würde. Der soll
sowieso mal einer von uns gewesen sein, ein einfacher Krieger meine ich....
Naja und wenn schon, dann sind wir ja auch noch da!!!" Damit klopft er
dem Magus nochmals auf die Schulter. Faenwulf blickt Efferdo lächelnd an,
"Ich danke Dir für Deine
Aufmunterungen, ich denke auch, das mit Rondras Hilfe wohl alles gut
gehen wird." Er legt seinen Arm um Efferdo, "Und wenn unser Weibel es
gestattet, heut' Abend, lade ich Dich auf
jeden Fall auf einen guten Trunk ein, das Wohl."
Sie kamen wieder auf den Gansweg und traten durch
das Tor des Amtshofes. Ein Hund kläffte,
ein paar Hühner kamen eifrig pickend um die Ecke gebogen.
Endlich erblickten die Besucher eine Magd, ein Joch mit zwei vollen
Milcheimern über den Schultern. Die
beiden gehen geradewegs auf die Magd zu, mit einem freundlichen Lächeln auf
den Lippen. Der Magus hält den Stab locker in der Hand. Als er vor der Magd angekommen
ist, stellt er Efferdo und sich vor und fragt mit freundlicher, bestimmter Stimme:
"Rondra zum Gruße, dies ist Efferdo Almado Miriado und mein Name ist Faenwulf
Firunjason. WIr sind Krieger des Ordens des Heiligen Zorns der Göttin Rondra. Ich habe eine Verabredung mit Aitrecht Güldenfeld.
Könntest
Du uns sagen wo ich ihn finde?" Seine Stimme ist klar und recht hell. Faenwulf kommen nicht auf die Idee, der Magd beim
Tragen zu helfen; sie könnte dies negativ
auffassen, denn schließlich würde er ihr damit unterstellen,
dass sie ihre Aufgaben nicht schafft ; sollte sie ihn jedoch
um Hilfe bitte, dann sieht die Sache schon anders aus. Die Magd muß schon
ein wenig zu dem jung aussehenden Magus, den aufmersame Beobachter auf 25 Götterläufe
schätzen würden, mit den sehr kurzen, blonden Haaren
aufblicken. Als sie in seine strahlend blauen Augen blickt, fühlt sie sich
durchdrungen und wendet den direkten Blick von den Augen ab" Ihr müßt
dort zu dem Haupthaus gehen und klopfen. Der Hausdiener wird Euch dann zu
/Seiner Gnaden/ bringen." Faenwulf bedankte sich freundlich. Die Magd warf
ihm noch einen seltsamen Blick zu und eilte dann in eins der Gebäude. Efferdo
grinste. Ihm war nicht entgangen, daß sie rot geworden war.." Faenwulf
bedankt sich freundlich."Nun gut mein Freund, ich werde dann hier draußen
auf Dich warten. Wenn`s Probleme gibt,
dann ruf mich einfach!!"
Firunjason verabschiedet sich also von Efferdo und schlendert zu dem gewiesenen
Ort und klopft, vielleicht ein wenig zu heftig. Die
Tür wird ihm von einem ernst blickenden Diener geöffnet. "Travia zum
Gruße, was ist Euer Begehr?" Faenwulf ist doch ein wenig überrascht
von dem Diener, blickt auf ihn herunter und sagt bestimmt:
"Mein Name ist Faenwulf Firunjason, Krieger des Ordens des Heiligen Zorns
der Göttin Rondra. Ich habe eine Verabredung mit Aitrecht Güldenfeld und wünsche
ihn zu sprechen." Der Diener deutete eine Verbeugung an und ließ
den Magus ein. "Ihr werdet erwartet." Dann nahm er dem Gast den Umhang
ab..
Den Stab wird der Magus nicht ablegen, sondern er wird ihn als Status seines Standes
mit sich führen. Der Diener blickt ein wenig mißbilligend, dass Faenwulf den
Stab nicht ablegen möchte, doch seine Ausbildung ist zu gut, als
dass er darauf bestehen würde, dass der Magier ihn abgibt. Faenwulf wird von
dem Hausdiener durch das Haus geleitet und schließlich in den
Raum, in dem er den Praiotus wohl treffen soll.
Drinnen war es düster. Dunkle Täfelung, dunkle Dielen. Von den Wänden
starrten nachgedunkelte Porträts ernst auf ihn herab. Der stille und nicht
allzu freundlich blickende Diener glitt vor ihm von Raum zu Raum,
so schnell, daß kaum Zeit blieb, irgend etwas anzusehen. Fadenscheinige
alte, einst sicher kostbare Möbel hier und da, weitere Porträts,
und überall Kerzenhalter in allen Formen, viele freilich unbestückt.Endlich
ein Schwenk, ein kleineres Zimmer, Schreib- und Lesepult, Regale,
Tisch mit Büchern ... Eine rotgolden gewandete Gestalt trat auf
den Magus zu und bedeutete dem Diener, sich zurückzuziehen. Leicht
irritiert sah Firunjason auf die Tiara, die der Praiotus während
der Ratssitzung nicht getragen hatte und mit der er selbst ihn,
den Thorwaler, ein Stück überragte.
"Rondra mit Euch. Ihr seid also ...", er stockte einen Moment.
Faenwulf, das Stocken des Geweihten bemerkend, stellt sich mit fester Stimme vor:
"Magus Faenwulf Firunjason, Krieger im Orden des Heiligen Zorns der
Göttin Rondra ist mein Name. Ich habe die Order erhalten Euch zu treffen,
um Euch Informationen bezüglich meiner Person zu geben."
"Nehmt Platz", steif wies der Geweihte auf einen gepolsterten
Lehnstuhl. Er selber setzte sich seinem Gast gegenüber. Faenwulf fragte
sich, ob es Absicht war, daß er in das helle Viereck des Fensters
starren mußte. Eigentlich keine Frage, natürlich war es Absicht.
Hinter ihm ging die Tür. Ein Diener brachte Wein, bediente erst
den Gast, dann den Geweihten, aber dem Magus war die kurze Geste seines
Gastgebers nicht entgangen, mit der er dem Schenk die Reihenfolge
anwies. Der Magier setzt sich an den zugewiesen Platz. Aufmerksam betrachtet er
jede Bewegung seines Gastgebers. Warum
versucht der Praiotus nur so allgegenwärtig seinen höheren Status darzustellen.
Eigentlich konnte sich Faenwulf nur vorstellen,
dass der Geweihte Angst vor ihm hat oder, nun vielleicht ist es einfach
nur seine Gewohnheit den höheren Status für sich zu beanspruchen. Faenwulf
nahm sich vor, dem Praiotus die Angst zu nehmen, denn die Rechtgläubigen
brauchen keine Angst vor ihm zu haben.
"Werter ... Herr Firunjason, Ihr könnt Euch sicher denken, warum ich ..
äh, mit Euch sprechen möchte?"
"Nun, man hat mir etwas angedeutet, aber um ehrlich zu sein, ich bin ein
wenig überrascht, dass ihr mich persönlich sprechen wollt. Ich möchte Euch
gerne helfen. Das wohl!", fügt er fest hinzu. "Bedenket bitte,
dass ihr der erste Gesandte des Götterfürsten seid mit dem ich ein derartig
persönliches Gespräch führe. Ich wünsche, wir werden uns gut verstehen."
Irrte er sich oder zuckten die Mundwinkel des Praiotus nicht ein wenig?
Aitrecht fallen besonders die strahlend hellen Augen des Magiers auf, die eine
unglaubliche Ruhe ausstrahlen und einem das Gefühl geben bis fast in die
Seele sehen zu können. Nicht weniger
ruhig blickten Güldenfelds braune Augen zurück. Goldene Punkte standen darin,
noch unentschieden zwischen warmem Sonnenlicht und heißem Bannstrahl.Dennoch
war es der Praiot, der den Blick als erster fortnahm, nicht als Unterlegener,
sondern als höflicher Gastgeber, der zur Seite tritt, um den Gast einzulassen. Magus wie Praiotus nippten am Wein und setzten
sich bequemer auf die Stühle. Fast beiläufig begann Aitrecht Güldenfeld die
Befragung.
"Welchen Status habt Ihr innerhalb des Ordens vom Zorn der Göttin Rondra?
Ich meine, habt Ihr als - Magus eine Sonderstellung?"
Der Magier wirkt etwas überrascht und antwortet:
"Nein, Euer Gnaden, ich habe keine
Sonderstellung innen. Ich bekleide den Rang eines Kriegers, wie
ich Euch schon sagte. In den Belangen meiner Zunft ist das Ranghöchste Mitglied
unseres Ordens der Hüters des Wissens, Magister Magnus Serafin Feuerblitz.
ER ist einer der beiden Stellvertreter Seiner Exzellenz des Großmeisters.
An ihn wende ich mich bei arkanen Fragstellungen."
"Einer der Stellvertreter Seiner Exzellenz, sagt Ihr? Aber verbietet nicht
auch Eure Herrin Rondra die Verwendung von Madas frevlerischer Kraft?"
"Eigentlich nicht!" erwiderte der Magus
entschlossen. "Ich habe die Kraft
erhalten, um sie rondragefällig einsetzen zu können und um die zwölfgöttlichen
Lande zu schützen. Im Kampfe setzte ich die rondragefällige Kraft des Feuers
ein, um im direkten Kampf gegen die Verdammten zu siegen, zur Ehre Rondras! Denn
jeder setzt die ihm von den Göttern gegebene Kraft bestmöglichst ein. Ein
Krieger setzt seine Kunst mit dem Schwerte ein, und ich meine geistige Kraft.
Wenn Rondra nicht wollte, daß ich Magie im Kampf einsetzte, so bin ich
felsenfest davon überzeugt, würde mir nicht ein Spruch, nicht eine
Konzentration gelingen. - Das wohl!" setzte er laut hinzu. Nachdenklich
musterte Güldenfeld ihn."Nicht alle Streiter der Löwin denken so.
Freilich, ich hörte, daß auch Ihre
Erhabenheit von Schattengrund eine ähnliche Einstellung vertritt. - An welcher
Akademia studiertet Ihr und was?" fuhr er mit seinen Fragen fort. "Und
welche Fertigkeiten beherrscht Ihr am besten?"
"Nun, Euer Gnaden, für die Beantwortung dieser Fragen werde ich etwas länger
brauchen, obwohl ich mich kurz fassen werde." Aitrecht
machte eine einladende Geste, und Faenwulf holte tief Luft und begann: "Meine
Fähigkeiten sind gestreut, doch gelernt habe ich an der Magischen Akademie zur
Erforschung seherischer Phänomene, sowie deren Umsetzung Neu-Hjaldingard, besser bekannt als Die Schule der Hellsicht zu Thorwal."
Hier
runzelte der Geweihte die Stirn, doch er sagte nichts. "Dementsprechend
liegen meine wesentlichsten Kapazitäten in der Magica Clarobservantia. In
einigen, diesem Bereich behaftenden Formeln, habe ich es in aller Bescheidenheit
auch zur Meisterschaft gebracht, das wohl!"
"In aller Bescheidenheit" Aitrecht schmunzelte. Dann verschwand das Lächeln.
"Ist es richtig, daß in Thorwal auch - nun: Hexen- und Druidensprüche
gelehrt werden?" Faenwulf bejahte. Für einen Augenblick
herrschte Stille."Hm", setzte der Geweihte wieder ein, "ich
hoffe, Ihr wißt, daß ich solches Zauberwerk hier nicht dulden werde. - Doch
fahrt fort." Der Magus schluckte eine
Erwiderung herunter und leistete der Aufforderng Folge.
"Desweiteren beschäftige ich mich selbstverständlich mit der Magica
Combattiva, und zwar mit den Formeln, welche die reinigende Kraft des Feuers und
die direkt destructive astrale Macht nutzen. Formeln dieser beiden Bereiche
beherrsche ich am besten." Faenwulf griff nach seinem Glas und nahm einen
kurzen Schluck Wein. "Darüber hinaus
bin ich mit Bereichen der Magica Contraria, Magica Controllaria
und Magica Transformatorica vertraut. Selbstverständlich
kenne ich ebenso einige Formeln aus den weiteren Bereichen der arkanen Kunst.
Einzig den verfluchten Bereichen der Magica Conjuratio Daimonologia und den
Satinavbeschwörungen habe ich mich niemals, und werde es auch niemals,
hingegeben." Die letzten Worte spuckte er geradezu verachtend aus, und
tiefe Falten furchten das junge Gesicht des Magiers.
"Magica Controllaria et Transformatorica", knurrte der Geweihte.
"Wie lange wird derlei noch gelehrt werden dürfen?!" Das Gold in
seinen Augen blitzte. Dann verblaßte es wieder zu hellen Sprenkeln im
Kieselbraun.
Leichte Sorgenfalten überziehen das Gesicht des Magus, doch dann fällt ihm
eine Erwiderung ein, von der er hofft, dass sie den Geweihten beruhigt:
"Verehrter Herr Güldenfeld, nicht dass ich Euch belehren möchte, aber ich
möchte Euch doch über einen Punkt in Kenntnis setzten. Mit der Magica
Transformatorica meine ich solche arkanen Kräfte, welche sich mit der Anwendung
der astralen Kraft auf unbelebte Objekte beschäftigt, nicht etwa auf belebte
Objekte, welches wir nennen die Magica Mutanda. Ich hoffe, dies kann Euch etwas
genauer über meine Kräfte aufklärt. Im Bereich der Magica Mutanda beherrsche
ich nur eine einzige Formel, welche es mir ermöglicht meine physische Resistenz
im Kampfe zu erhöhen. Güldenfeld verzog das Gesicht als habe er auf etwas
Saures gebissen. Faenwulf sank das Herz. Hätte er den Geweihten vielleicht doch
nicht berichtigen sollen? Aber dann hätte er weiterhin das Falsche von ihm
gedacht ...
"Hm." kam es verbissen vom Praiotus. "Gleichviel. Es stört die
Ordnung. Was ist, ist so, weil es so sein soll. Man soll nicht etwas
anderes daraus machen!"
Düster nippte er am Wein. Für kurze Zeit war das Gespräch erstorben.
"Gedenkt Ihr Eure - äh, /Kraft/ auch
innerhalb Dergelmunds einzusetzen?
Was hofft Ihr hier überhaupt ausrichten zu können?"
"Euer Gnaden, Ihr kennt doch die Ziele unseres Ordens?" Faenwulf
blickte Aitrecht fragend an. Der schwieg,
und so fuhr er fort: "Wir sehen uns als die Wächter der freien Völker.
Wir wollen verhindern, daß so etwas, wie es geschehen ist, jemals wieder
geschieht. Ich selbst habe meinen Schwur geleistet, das wohl! Nun
ist es wohl möglich, daß der Feind spionieren will, um uns auszukundschaften,
oder schlimmer, daß er im Dunkeln seine Ränke schmiedet. Besonders an diesem
Punkt will ich meine besonderen Kräfte der arkanen Clarobservia einsetzten. Der
Feind soll nicht in unsere Lande unerkannt
eindringen dürfen. Ja, Euer Gnaden, so ich berechtigte Zweifel an der Göttergefälligkeit
einer Person habe, werde ich zur Verifizierung die arkane Kunst nutzen. Doch,
Euer Gnaden, ich verfüge auch so über erhebliche Kenntnisse der menschlichen
Seele und werde diese stets bevorzugt einsetzen. Jedenfalls
werde ich auch in Dergelmund, so es nötig ist, meine mir von Hesinde
geschenkten Kräfte nutzen, um Dergelmund und alle anderen zwölfgöttlichen
Lande zu schützen!" Wieder schwiegen
beide und nippten am Wein. Goldbraune Augen versuchten die eisblauen des Gegenübers
zu durchdringen, hinein in die Gedanken und die Seele. "Ihr
seid Thorwaler?" die Frage kam unvermittelt. "In letzter Zeit hört
man noch Schlimmeres als gewöhnlich aus jenen Landen. - Könnte es nicht
geschehen, daß Ihr - sagen wir: das Panier Eurer Landleute ergreift?" Des
Geweihten Stimme klang fordernd. Dem Angesprochenen entging die Spitze
keinesfalls. Umso bedachter wählte er seine Worte: "Laßt mich zur
Beantwortung dieser Frage die hiesige Situation bitte genauer untersuchen. Genau
gesagt, haben die Thorwaler und das Mittelreich keine politischen Probleme, so
sehe ich das jedenfalls! Die Tat der thorwalschen Piraten war gotteslästerlich
und frevlerisch und gehört gesühnt. Doch die Taten der horasischen Regierung
sind keinesfalls angemessen. Hier wird ein Volk bestraft, für die Taten einiger
weniger. So ich mich recht entsinne, ist dies auch der Standpunkt des
Mittelreiches. Ich möchte Euch aber dennoch versichern, daß meine Loyalität
voll dem Orden des Heiligen Zorns der Göttin Rondra und deren Aufgaben gehört,
und ich meine Mitstreiter niemals verraten oder verlassen würde. Und da der
Orden keine politische Stellung bezieht, dürfte sich jede weitere Frage erübrigen."
Faenwulf Firunjasons Worte klangen mit jedem Satz bestimmter, und Aitrecht spürte,
daß jeder andere Verdacht den Ordenskrieger bis ins Mark beleidigen und in
seiner Ehre verletzten würde. Beschwichtigend hob er die Hand."Versteht
mich recht! Ich will Euch nichts unterstellen. Ihr wißt sicher, daß nicht weit
von Dergelmund sich etliche Eurer Landsleute niedergelassen haben. Und ich gebe
gerne zu, daß es noch nie Schwierigkeiten gab. Leider kann man das nicht von
allen - äh, Hjalding hierzulande sagen. Die Dergelmunder sind brave Leute, die
mit den betrüblichen Geschehnissen im Siebenwindigen Meer nichts zu tun
haben." Firunjason runzelte die
Stirn. "Nichts anderes habe ich gedacht!" Er leerte sein Weinglas mit
einem Schluck. Güldenfeld tat es ihm gleich und schenkte ihm und sich nach. "Sagt
..." nachdenklich betrachtete der Geweihte einen Tropfen Wein, der an der
Karaffe herunterrann, als wolle er über dessen Güte, Art und Ziel
philosophieren. "Denkt Ihr nicht, daß die Anwendung von Magie in der
dritten Sphäre die Ordnung der Welt stört?"
"Dies, Euer Gnaden, ist eine sehr diskussionsbedürftige Frage, und ich möchte
sie nur sehr kurz beantworten. Die Anwendung von Magie gehört zu Dere hinzu,
sie ist ein Teil davon. Würde ich sie als störend empfinden, würde ich die
gesamte Zunft der arkanen Künste in Frage stellen, was ich verständlicherweise
nicht kann. Ich glaube, es ist immer möglich, arkane Kräfte zu guten wie auch
zu bösen Zwecken zu nutzen; Gebrauch paart sich immer mit Mißbrauch. Meine,
unsere, damit meine ich die Große Graue Gilde des Geistes, der ich angehöre,
Aufgabe ist es, den göttergefälligen Gebrauch zu stärken und zu fördern!"
Hier wollte Aitrecht auffahren, doch ungerührt
fuhr Faenwulf fort: "Weiterhin
wird gerade innerhalb des Ordens des Heiligen Zorns der Weg der rechten Hand gefördert.
Schließlich ist der Hochweise Herr Feuerblitz, von dem ich Euch bereits
berichtete, ein Abgänger der Akademie Schwert und Stab zu Beilunk, bzw. jetzt
Gareth, der sein Zweitstudium in der Halle der Antimagie zu Kuslik
absolvierte." Kurz schienen des Geweihten Augen aufzuleuchten, doch es
mochte ein neuerlicher Blitz sein. "Fürwahr, darüber läßt sich lang
diskutieren, ob Magie zu Dere gehört! Wenn etwas durch Frevel an die Stelle
kam, die es nun einnimmt, so ist dies damit noch nicht ins Recht gesetzt! Im
Gegenteil, je länger es dort verbleibt und dort genutzt wird, umso unrechter
wird es! - Doch habe ich gehört, daß selbst Seine Eminenz der Wahrer der
Ordnung Mittellande Pagol Greifax von Gratenfels eine gnädigere Haltung hierzu
einzunehmen scheint. Es steht mir nicht an, hierüber zu entscheiden. Mein Stand
und meine Aufgabe sind nur, die Zwölfgöttergläubigen in meinem kleinen
Wirkungskreise an Leib, Leben und Seele zu bewahren, so gut ich eben kann."
Der Geweihte nahm einen großen Schluck Wein und
blickte dem Magus offen in die Augen. Die goldenen Punkte im Braun schienen zu
tanzen. "Wohlgelehrter Herr
Firunjason, auch ich habe vor kurzem mit Interesse die Worte Ihrer Spektabilität
Prishya von Garlischgrötz gelesen,
der Convocata prima Eurer Gilde. Eine
Frau, wie ich hinzusetzen muß, von wachem Geist und klarem Verstand. Ich hatte
einst die Ehre, sie selber zu treffen und achte sie sehr. Und selbst aus den
Nordmarken soll ja eine Baronin ähnliches geäußert haben." Eine
steile Falte hatte sich auf der Stirn Aitrechts gebildet und seine Augen
leuchteten. Faenwulf schien es fast, als sei die Disputation so ganz nach des
Geweihten Herzen. "Aber habt Ihr
keine Bange", fuhr dieser schon wieder fort, "daß die massiven Störungen
der Sphären durch den Daimonator - maledictus! - insbesondere in dieser Gegend
hier Eure ... /Kraft/ zum Übleren beeinflussen könnten?" Der
Magus schüttelte den Kopf. "Ich bin der festen Überzeugung, daß meine
persönliche Kraft stark genug ist, um die von mir gesprochenen Formeln in die
Bahnen zu lenken, in welche ich sie lenken will. Ich glaube, ich brauche Euch
nicht zu sagen, daß ich damit die Kraft zum Guten einzusetzen zu gedenke!"
Das Leuchten verschwand aus des Praiotus' Augen
und wich trauriger Bitterkeit. Er seufzte.
"Wenn Ihr wüßtet, wie viele ich genau dies
habe sagen hören. Vor drei Jahren, und
vor zwei Jahren auch noch, und bis heute. Doch was geschah
mit ihnen? Die einen gaben ihre Seele - und ihre Kraft - hin für ein übles
Ziel, andere sitzen heulend in Perricum, und einige erkannten ihre Formeln nicht
wieder, die sie so oft gesprochen hatten. Die Kräfte sind hier in Unordnung
geraten, Herr Firunjason. Manches mag Euch besser gelingen, manches sich wider
Euch wenden. Es ist das, was sich wider einen wendet, das man fürchten und
nicht allzu leicht nehmen sollte." Aitrecht
nahm einen weiteren Schluck Wein. "Ich
danke Euch für Eure Warnungen bezüglich der komplizierten Sphärenstruktur in
dieser Gegend," sprach Firunjason, "ich werde es mir sehr zu Herzen
nehmen und in jedem Falle Vorsichtig agieren." Verwundert sah der Geweihte
auf. "Ihr meint, Ihr wußtet das
alles nicht?" Er runzelte leicht die Stirn. "Wie lange ward Ihr in
Perricum? Habt Ihr denn dort nicht mit dem /ODL/", er spuckte fast aus,
"kommuniziert? Und habt Ihr nicht den 'Salamander' im Boten gelesen?"
Aitrecht schüttelte den Kopf. Er setzte zu einer weiteren spitzen Bemerkung an,
besann sich aber und seufzte tief. "Das Trollzacken-Gebirg'", setzte
er belehrend an, "ist voller Kraftlinien. Das ist einer der Gründe, warum
der Herr seine Boten, die Greifen, dort auf die Gipfel setzte et Arcanum
interdictum imperavit." Aitrecht stockte. Seine Mundwinkel zuckten.
"Verzeihung. Jegliche Art des Zauberns untersagte - vielmehr verhindert.
Naja, man sagt, es sei nicht so vollständig ..." Er verstummte und drehte
sein Weinglas zwischen den Fingern. Er, ein Diener des Praios, belehrte einen
Magier über Kraftlinien und Arcanum interdictum! Und wagte die Vollständigkeit
von Praios' Befehl anzuzweifeln! Dann sah
er den Magus an, der ihm offen und erwartungsvoll ins Gesicht schaute. Er
seufzte noch einmal und fuhr fort. "Man nannte Borbarad nicht umsonst
den 'Sphärenschänder'. Ein erneuter Madafrevel, vielleicht war es so
etwas." Er sprang auf und trat vor ein Regal voller Bücher und Hefte.
"Ich nehme zwar an, daß Ihr den 'Boten' bezieht und lest, doch könnte ich
Euch, falls Euch die Artikel entfallen sind, die entsprechenden Exemplare
leihen." Des Geweihten Augen leuchteten vor Eifer, als er sich wieder
setzte. "Der Effekt soll eine Weile lang ganz Dere erfaßt haben. Geschieht
ihnen re..." Er entsann sich wieder, wer sein Gast war, und verschluckte
den Rest. "Jedenfalls. Ich lehne Magieanwendung nicht nur ab. Ich /rate/
Euch ab davon." Ernst blickte
Aitrecht in die besorgte Miene des Magus.
"Aber ward Ihr nicht selber in den Heptarchien? - Wer hat Euch hinterher
untersucht?" Faenwulf fuhr auf.
"Ich muß Euch widersprechen, ich war niemals in den Heptarchien! Den
einzigen Kontakt hatte ich bisher sehr lose zum Eisreich der Glorana, und diesen
auch nur durch arme Seelen der verwirrten Menschen, die damit direkten Kontakt
erleiden mußten! Aber ich kann Euch
beruhigen. Beim Eintritt in den Orden wurde ich von Magister Praiodan
Aschenfeld, der mittlerweile seinen Dienst in Tobrien tätigt und der sein
Studium in der Euch wohl bekannten Akademie zu Rommilys verbrachte,
untersucht."
"So hattet Ihr auch bereits das Vergnügen mit der Kommission wider die
Umtriebe reichsfremder Magier? - Nun, wohl nicht", antwortete sich der
Geweihte selber, "'reichsfremd' seid Ihr als Ordensmann nicht. Aber es
sollte mich wundern, wenn sie nicht Näheres wissen wollen." Faenwulf
Firunjason sah ihn überrascht an und Aitrecht ahnte, daß er nicht einmal wußte,
was es mit dieser Kommission auf sich hatte. Der Magus nahm sich im Stillen vor,
seinen kommandierenden Offizier danach zu fragen, als der Geweihte schon wieder
anhub: "Ihr scheint mir wahrlich noch
nicht lange hier zu sein. Nun, also, die /Kommission/ ... Seine
allerprinzlichste Durchlaucht Mukus von Rabenmund, genannt Ucurian, der Bruder
der Fürstin, steht ihr vor, ein sehr ehrenwerter Mann. Sie ... untersucht
fremde Magier und sorgt dafür, daß die ohne ein Gildensiegel des Neuen Reiches
des Landes verwiesen werden - um sicherzugehen, daß zumindest das Gildenrecht
eingehalten wird." beeilte sich Güldenfeld hinzuzusetzen. Staub
tanzte in einem Sonnenstrahl. Nachdenklich drehte Güldenfeld das Glas in seiner
Hand. Dann sah er wieder den Magier an. "Wie
steht Ihr zu den Zwölfen? Wie zum Götterfürsten?"
"Nun," Faenwulf lehnte sich ein wenig zurück, "ich bin ein
initiiertes Mitglied der zwölfgöttlichen Gemeinschaft. Besondere Verehrung
bringe ich Efferd und Swafnir, dem Schutzgott aller Thorwaler, entgegen. Da ich
aber auch Mitglied des Orden des Heiligen Zorns der Göttin Rondra bin, bringe
ich ihr, unserer Schutzgöttin, ebenso hohe Verehrung entgegen. Den Götterfürsten,
Euren Herrn, verehre ich als Oberhaupt der Zwölf und zolle ihm den gebührenden
Respekt. Die anderen der Gemeinschaft sind, das brauche ich Euch nicht zu sagen,
jeder in seinem Gebiet verehrungswürdig." Güldenfeld
sah den Magus lange prüfend an, fast, als erwarte er noch etwas. Faenwulf ging
im Geist noch einmal die Fragen und seine Antworten durch. Hatte er vielleicht
doch irgendwo das Falsche gesagt? Oder noch nicht das Richtige? Prüfte ihn der
Geweihte nun auch noch auf andere Art, befragte vielleicht seinen Herrn Praios?
Oder suchte nach unvorsichtigen Worten, um ihm, dem Magier und Rondrianer,
Ketzerei zu unterstellen? Nein, entschied Faenwulf, so fanatisch wirkte dieser
Praiosgeweihte wahrlich nicht. Aber was erwartete er noch? Aitrecht
Güldenfeld fragte sich, ob er das Rechte tat. Verbot nicht Praios die Magie?
War sie nicht Frevel? Und in diesen Zeiten und Landen gefährlicher denn je?
Wieder und wieder hatten es ihm seine Mentoren eingebläut, wieder und wieder
gepredigt. Doch andererseits duldete die Praioskirche in Rommilys eine
Magierakademie in ihrem eigenen Viertel, hatte sich vor Jahr und Tag der Wahrer
der Ordnung mit Ihrer Spektabilität getroffen und disputiert. Dann wieder: im
Trollzacken-Gebirge hatte der Herr Praios selber das Arcanum interdictum verhängt,
indem er seine Boten, die Greifen, sandte ... Doch
wenn selbst das Schwert der Schwerter Magie zuließ? Nun ja, die Rondrakirche
... Aber Magier hatten unzweifelhaft auf der Seite der Göttergläubigen gegen
die Dämonenbrut gekämpft, und dieser Thorwaler Magus hier vor ihm war aufrecht
und ohne Falsch. Des Praiotus Gedanken
schweiften wieder zur Grundfrage: wenn man an des Herrn Macht nicht zweifelte ?
und Aitrecht zweifelte kein bißchen ? dann blieben nur zwei Möglichkeiten:
entweder, der gestrenge Herr prüfte die Menschen, auch um den Preis unzähliger
Fehlgeleiteter und verlorener Seelen. Oder die fehlbaren Menschen ? und gegen
die Götter mochte selbst der Bote des Lichts fehlbar sein! ? hatten den Willen
Praios' mißverstanden. Der Geweihte seufzte. Es war nicht an ihm, dies zu
entscheiden. Im Grunde hatte er nicht einmal die Macht, diesem Magus Dergelmund
zu verbieten. Über die Frau Baronin vielleicht, aber er bezweifelte, daß
selbst sie es wegen eines einzigen Magiers auf einen Streit mit der Rondrakirche
ankommen lassen würde. Müßige Gedanken! schalt er sich selber. Er hatte
nichts dergleichen vor. Er hatte sein Bestes getan, um die Dergelmunder vor schädlichem
Einfluß zu bewahren, und er war zufrieden mit dem Gespräch.Aitrecht
sah dem Magus in die Augen; der erwiderte den Blick ruhig und fest. Aitrecht
zweifelte noch immer. Andererseits ... Er riß sich zusammen. Die
tiefstehende Sonne - war es schon so spät? - fiel durch die gelben
Butzenscheiben. Der Ordensmagier blinzelte. Der Geweihte erhob sich und griff
nach einem Klingelzug. Dann öffnete er eines der Fenster und blickte
interessiert hinaus. "Herr Firunjason",
Aitrechts Stimme klang beinahe vorwurfsvoll, "Ihr hattet mir nicht gesagt,
daß ihr einen Ordenscollegam mitgebracht habt. Er hätte nicht dort draußen
warten müssen!" Energisch zog er am Klingelzug, dann wandte er sich um.
"Ich schätze Magie nicht sonderlich. In meinen Augen gehört sie /nicht/
in die Sphäre der Sterblichen. Doch ich kann ihren Gebrauch weder hindern noch
hätte mich der Herr Praios an diese Stelle hier gesetzt, wenn ich sein
Bannstrahl hätte sein sollen." Der Geweihte lächelte. "Ich hoffe,
ich habe Euch nicht zu sehr enttäuscht, da ich nicht mit loderndem
Scheiterhaufen und der Vollmacht eines Großinquisitors aufwarten konnte. Ich
hoffe freilich," und seine Miene wurde wieder ernst, "daß ich
Euch zum allermindesten zu Wachsamkeit und steter Gewissensprüfung bewegen
konnte. Und insbesondere über den Gebrauch der Magica Controllaria und der der
Transformatoria solltet Ihr nachdenken. Doch ich bin zugleich froh, in Euch
einen aufrechten Mann kennengelernt zu haben, wenn ich auch nicht alle Eure
Auffassungen teilen kann. Ich hoffe, wir werden den Disput einmal fortsetzen können!
Hägentor wird Euch hinausgeleiten. Saget Eurem Weibel meinen Gruß. Rondra,"
er zögerte einen Augenblick, "und Hesinde seien mit Euch!"
"Auch ich hoffe, daß wir uns bald mal wieder unterhalten können, Euer
Gnaden. Ich bin sehr daran interessiert, sämtliche Unklarheiten zwischen uns
aus dem Weg zu räumen. Wir können uns es nicht leisten, unsere Kräfte
gegeneinander einzusetzen! So wir die Heptarchien wieder in den Schoß der Zwölfgöttlichen
Lande bringen wollen, müssen wir an einem Strang ziehen!" Des jungen
Magiers Augen leuchteten. Aitrecht lächelte
ob der offenen Worte des Thorwalers. 'An einem Strang ziehen'! Ein Diener des Fürsten
zu Alveran und ein Magier! Doch schon fuhr
der Thorwaler neugierig fort: "Sagt, werter Herr Güldenfeld," der
Geweihte zog die Augenbrauen hoch, "Ihr erzähltet, daß sich einige meines
Volkes in der Nähe Dergelmunds niedergelassen haben? Könntet Ihr mir wohl
sagen, wo ich sie finden kann? Mich würde es sehr interessieren, Mitglieder des
Hjalding zu treffen und mich mit ihnen auszutauschen." Aitrecht
blickte in das fast jungenhafte Gesicht des Thorwaler Magiers, das ihn
erwartungsvoll ansah. "Nun ..."
Es irritierte ihn, daß er diesen kecken Magus keineswegs zuwider fand, eher im
Gegenteil. "Sie sind vor einiger Zeit hier gestrandet, wohl nach Kämpfen
mit Borbarads Schergen. Sie haben in der Nebelfelsbucht nördlich von hier ihr
Dorf errichtet und dienen wohl auch der darpatischen Cron-Marine. Fragt doch den
Hafenmeister oder die Cronkapitän-Seemeisterin Rondiga di Spino danach. - Doch
nun ..." der Praiosgeweihte sah ihn ernst an, "Die Götter mit Euch,
und Praios weise Euch den rechten Weg!"
Als Faenwulf aus dem Haus trat, atmete er tief auf. "Puuh!
Das war ja doch nicht ganz so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte." Er sah sich nach seinem Freund um und entdeckte
ihn auch bald, gar nicht weit entfernt.
Offenbar hatte er der jungen Magd gerade einen unanständigen Witz erzählt,
zumindest kicherte sie und schaute etwas beschämt zu Boden. Die Milcheimer
hatte sie neben sich gestellt. "Oh
Efferdo! Du kannst es einfach nicht lassen", dachte sich Firunjason,
"die jungen Mädchen hier vom Lande haben dir altem Charmeur doch gar
nichts entgegenzusetzen. - Hey Efferdo", rief er ihm laut zu, "nun laß
endlich das Mädchen in Ruhe und komm endlich. Ich bin schon lange fertig!"
Der Gerufene sah sich um. Dann verabschiedete er
sich nochmals galant von der Magd und
stolzierte wie ein Platzhirsch zu Faenwulf, der über die
Vorführung seines Kameraden seufzend die Augen verdrehte. Bei der Magd freilich
hatte sie gewirkt, und sie sah dem Krieger noch lange
nach, ehe sie sich mit einem Seufzer aus ihren Träumen riß und wieder an ihre
Arbeit machte.
F.Stein und C.Koch