Historische Beschreibung der Wacht Garetien

Das Herz des Ordens schlägt an einem kleinen Ort in Garetien. Unweit einiger Lavendelfelder und lichten Wälder liegt in der Baronie Gallstein das Dörfchen DachsenAu, das am Fuße der trutzigen Burg Schwertwacht liegt.
Als sich im Jahre 28 Hal aus den zwölf Überlebenden des Freiwilligenbanners des Greifenzugs am Arvepaß der Orden des Heiligen Zorns der Göttin Rondra formte, wußten die Gründer des Ordens zwar, was ihre Aufgabe war, aber nicht, von welchem Orte aus sie Wacht über die besetzten Länder und jedes andere götterlästiges Übel halten sollten. Doch auf dem Konvent des Garetischen und Greifenfurtschen Adels fingen die Veteranen der 3.Dämonenschlacht an ihre wichtigsten Verbindungen zu knüpfen.
Es war der Baron von Gallstein, der später einer der Schlächter von Mühlingen werden sollte, der der handvoll Ordenskrieger eine neue Heimat gab. Niemand konnte die Absichten des Barons einsehen. Manche sahen in der großzügigen Schenkung, die sich nicht nur auf die Burg bezog, sondern auch auf das nahe Dörfchen DachsenAu, ein Zeichen der Menschlichkeit und Verbundenheit mit den Zielen der Rondrianer. Denn tobrischen Blutes konnte er es nur gerne sehen, dass man seine Heimat nicht aufgab, wie es damals viele Menschen des Reiches taten, sondern die Besetzung durch die Nachfolger des furchtbaren Nandussohnes Borbarads als eine vorrübergehende Okkupation, die bekämpft und überwacht werden müsse, betrachtete.
Andere Adlige des Königreiches stellten sich an die Seite des jungen Ordens und gaben ihm den lebensnotwendigen Schutz und Unterstützung. Die schöne eslamsgrunder Gräfin Efferdane von Ehrenstein ernannte die Ordensgründer zu ihren gräflichen Rittern, womit sie zwar an die weltliche Obrigkeit in Person der Gräfin gebunden waren, jedoch einen hohen Status im Reich einnahmen, der ihnen eine ordentliche Gerichtbarkeit und Ehre verlieh. Für viele der Gründer, die vorher einfache Krieger oder Bürger waren, war dies einer der unvergessen Momente ihres Lebens, den sie der Gräfin mit tiefer Treue dankten. Aber auch der Garetische Burggraf der Raulsmark, Oldebor von Weyringhaus, zeigte sich als wohlwolender Gönner des Ordens, indem er den Orden mit wertvollen Stoffen, Schwertern und Geldern ausstattete.
Schnell erfreute sich der Orden des Zorns großer Aufmerksamkeit und Zulauf. Es entstanden weitere Wachten im Osten wie im Westen, die mit der Hauptburg in engen Kontakt stehen. Schwertwacht bildete sich unter der Führung Gerion Sturmfels zu einer Ausbildungsstätte aus, an der harter militärischer Drill und wenig Abwechslung stattfand. Zwei fest stationierte Lanzen stehen dem Wächter zur Seite, die zu den bestausgebildeten des Ordens gehören. Als der Garetische Adel im Hartsteenschen Puleth beschloss einen Siegestempel zu bauen, sandte der Orden zwölf Männer und Frauen nach Puleth.
Liebevoll wird das bretterumzäunte Lager der Zornritter »Kastell« genannt, wobei die garetische Lanze des Ordens nicht einzuschätzen weiß, ob der Name Spott oder Achtung bedeuten soll. Der Orden leistet seinen Beitrag zur Errichtung des Monumentes, indem er die Baustelle bewacht und von den Übeln fernhält, die über sie kommen könnten: angefangen bei Dieben und Räubern bis hin zu Störenfrieden von jenseits der Trollzacken. Die Garetier und die Pulether –und nicht zuletzt auch der garetische Adel – rechnen es dem Eslamsgrunder Orden hoch an, daß sie dem Projekt ihre Mithilfe gewähren; gab es doch im Vorfeld der Planung, als noch Burggraf Parinor von Borstenfeld um Unterstützung und Mittel warb, einigen Ärger gerade mit Orden der Rondrakirche, namentlich den Schwertern zu Gareth. Dennoch munkelt man, daß die garetischen Teile der Zornritter eigentlich noch mehr tun wollten, als nur Wache zu schieben. Immerhin sieht man den Wächter Garetiens, Gerion Sturmfels, bisweilen am Ort, der sich bemüht, den Rittern mehr Eifer einzuhauchen, als nur Dienst nach Vorschrift zu tun.
Ein herber Verlust ereilte den Orden aber von einer ganz anderen Stelle. Im Jahre 32 Hal beteiligte sich der Orden an einer Strafexpedition gegen die wilden Ferkinas im Raschtullswall. Es waren einige bedenkliche Vorkommnisse geschehen, die ein gemeinsames Vorgehen nötig machten (siehe auch AB 94). Doch die Expedition wurde ein Desaster. Viele der beteiligten Kaiserlichen verloren ihr Leben, aber auch die Lanze des Ordens wurde unter der Führung des Hauptmanns De Arragondestra nahezu gänzlich aufgerieben. Seitdem ist er der Vorsteher des kleinen Ordenshauses „Olperts Hof“ in Nordmarken, das dem Orden vom Baron Traviadan von Schwertleihe zur Bewirtschaftung übergeben wurde. Der schmerzhafteste Verlust aber war das Banner der Lanze „Silberlöwen“, dass seitdem in den zerklüfteten Hängen des raschtullswall verloren ist.
Als im Winter 32 Hal ebenfalls der Baron zu Höllenwall zu den Waffen gegen die Ferkinas, die auf der anderen Seite des Walles die Bevölkerung unsicher machte, rief, zog das Banner des Zornesordens wieder in die Schlacht. Es war der Heilige Zorn, der in den Augen der Krieger funkelte, die unter der Führung des Wächters Sturmfels in die Schlacht zogen. An ihrer Seite ritten die Verbündete des Nordmärkischen Ordens des Sturms, ein junger Rondraorden und Freunde der Schwerter zu Gareth. Dieses Mal siegten die Truppen gegen die Ferkinas, doch wieder verlor der Orden gute Krieger.
Am Adelskonvent in Puleth, der im folgenden Frühjahr stattfand (AB 99), sollte neben den bekannten unglaublichen Vorfällen noch ein weiterer stattfinden. Während des großen Festbanketts eröffnete die Schlunder Baronin von Erlenstamm dem Adel des Reiches, dass sie einen strammen Jungen geboren habe, und mit dem Vater den Traviabund einzugehen gedenke, dem Wächter Gerion Sturmfels. Mit dieser Vorstehenden Heirat droht sich das Gefüge des Königreichs Garetiens zu verschieben, und wirft somit einen drohenden Schatten auf den Orden des Heiligen Zorns.

Jürgen Suberg