Sammlung
von Augenzeugenberichten über das
Freiwilligenbanner Wolfsrudel
...Der Aufruf kam mir wie eine Erlösung
vor. Seit ich gehört hatte das meine Heimatstadt Mendena erobert, Herzog Kunibald
gefallen und meine Familie erschlagen wart, erschien mir alles so leer und hohl. Die
Schlacht bei Eslamsbrück, der Fall Ysilias, die Schlacht auf den Vallusanischen Weiden,
die Wiederkehr Siebenstreichs und schlußendlich die 3.Dämonenschlacht! Doch unter all
den gefallenen Kameraden und Helden vermisse ich keine wie die Königin Yppolitta! Oh, du
erleuchtetes Kind Rondras! Warum hat dich die Göttin in der Stunde der größten Not von
uns genommen?
Doch du bist bei uns! Jetzt weiß ich es. Dein Vermächtnis wird bei uns sein. In deiner
Tochter Gilia und im Orden der Yppolittanern! Drum werde ich mich ihnen anschließen,
meine Königin. Dir zu Ehren! ..
(Serila Korninger in ihrem Tagebuch, von ihrem Leichnam geborgen)
"Gebt mir einen Schnaps!"
(Ausspruch der Hauptfrau Ni Grainne beim ersten Anblick ihres Banners)
"Man sollte sie aufhängen! Frauen bei der Armee! Wenn sie wenigstens eine Amazone wäre, aber die sollte mal lieber aufpassen, daß ihre Fingernägel nicht abbrechen! Pah! Die wird uns alle in den Untergang führen."
(Colgan Alfaran als er im Fieber auf dem Krankenbett das Erlebte immer und immer wieder durchlebt)
...Eine komische Gemeinschaft ist unser
Banner von Freiwilligen. Welch Erquickung für meine Seele sind unsere Geweihten der
Göttin, die jeden Tag mit einer Schwertübung mit Gesang beginnen! Immer geselle ich mich
zu Ihnen, wenn Haldan Dragentod, unser Leutnant, mit Thordenan, Leomar, Hernion und
Seldrion den Rondradienst beginnen. Am Anfang war mir Seldrion suspekt. Ein Halbelf als
Novize der Rondra? Doch er hat den Rechten Geist. Wie auch die anderen Elfen, sowie die
Zauberer und den Bauern. Wie sagte mein Lehrmeister Obruk immer: "Zwingt ihr jemanden
für euch zu kämpfen, so werdet ihr verlieren, den sein Herz kämpft nicht mit. Nur der
frohen Mutes in den Kampf zieht, der ist von Rondras Geist beseelt!"
Doch dieser komische Kerl aus Albernia, Karak Varn ist ein komischer Kerl. Nichts gegen
Albernier! Unsere Hauptfrau Macha ni Graine scheint das Herz am rechten Fleck zu sitzen.
Doch Karak werde ich im Auge behalten! ...
(Serila Korninger in ihrem Tagebuch, von ihrem Leichnam geborgen)
"Heute sind wir wieder gewandert. Die
Leute im Banner sind eigentlich ganz in Ordnung. Nun kenne ich sie auch schon von den
langen Unterhaltungen beim Marschieren ganz gut. Eigentlich weiß ich auch gar nicht so
recht, was ich hier mache. Lieber würde ich mal was eigenständig unternehmen, denn
warten stinkt mir. Taktik ist ja schön und gut, doch bei Dämonen hilft keine Taktik, die
bei Menschen hilf. Eigentlich müßte man zaubern können, doch Arkim, mein Halbbruder,
wollte ja nicht mit. Verflucht seien diese Schergen Borbarads. Aber zurück zum Thema: Ich
habe schon meiner Vorgesetzten erklärt, daß warten und wandern nichts bringen kann. Wir
müssen wenn sofort zuschlagen, doch die weiß es ja besser. Ich glaube die stand bei
einer Schlacht noch nie an vorderster Front. Wie die mich angefahren hat....
Ich denke nicht, daß es gut ist, wenn man durch eine Taktik Späher verliert. Eine Taktik
sollte so durchdacht sein, daß es keine Verluste gibt. Ich war ja immer für einen
Angriff mit Katapulten, doch als ich das in meinem Zelt erzählte, wurde ich fast vor die
Tür gesetzt, als sie anfingen, daß Rondra es nicht erlauben würde und so weiter. Ich
glaube ja auch fest an Rondra, doch Verbrecher sollten und müssen bestraft werden! Egal
wie! Rondra sieht es bestimmt auch nicht gerne, daß diese Gottesläster Aventurien
verwüsten und Praios noch viel weniger. Deshalb sollten wir sofort zuschlagen und uns
nicht mit zick-zack-wandern lassen und geradewegs auf das Hauptquatier, wenn es so etwas
gibt, doch das weiß hier ja wieder niemand, losmarschieren. Aber Rondra und Praios sowie
die anderen Zehne werden uns schon beistehen."
(Colgan Alfaran als er im Fieber auf dem Krankenbett das Erlebte immer und immer wieder durchlebt)
"Pah, bei Praios gerechtem Zorn und Rondras heiligem Blicke, da steh ich
lieber Schulter an Schulter als Korporal mit meinen Mannen in der Schlacht, als von einem
kleinen Zelt aus als Stabsoffizier mit ansehen zu müssen, wie meine besten Freunde hinter
der Ogermauer ihr Lebenslicht aushauchen! Und außerdem bin ich überzeugt, daß Hauptfrau
Ni Grainne sehr wohl eine fähige Strategin und Kämpferin ist. "
(Antwort Vitus zu Lowangen, Oberst der Reichsarmee a. D. auf die Frage eines Kameraden, warum er sich als Offizier der Reichsarmee für diesen Schwertzug gemeldet hat und ob er sich denn keinen höheren Rang erwartet hätte)
"Eigentlich ist sie ja doch ganz nett. Hat mich doch unsere Hauptfrau beim Namen genannt, was doch soviel bedeutet, daß ich ihr aufgefallen bin.. Doch, ich denke sie ist eine recht fähige Führerin."
(Colgan Alfaran als er im Fieber auf dem Krankenbett das Erlebte immer und immer wieder durchlebt)
Wir waren diesen Morgen recht früh wieder
auf den Beinen.
Unsere Späher hatten am Vorabend einen Platz in einem etwas abgelegenem Tal am
Sichelstieg gefunden, der für das Nachtlager geeignet schien. Einzig ein Waldstück etwa
eine Meile entfernt beunruhigte uns etwas. Schon von weitem waren Tsa verneinend
gewachsene Pflanzen und Bäume zu sehen. Dem Unwissenden sind diese Unwirklichkeiten eine
furchterregender Anblick. So fand man etliche, besonders unter den unerfahrenen Bauern,
die sich unserem Zug angeschlossen hatten, denen der Schrecken im Gesicht stand. Selbst
die Erfahrenen schauderten beim Gedanken daran. Also war Vorsicht geboten.
Praios Antlitz stand heute morgen noch tief am Horizont, als wir beim Appell feststellten,
daß eine junge Tobrierin nicht mehr aufzufinden war. Sie hatte die letzte Nachtwache an
der Flanke zum verfluchten Wald übernommen und wurde seid dem nicht mehr gesehen.
Scheinbar hatte sie sich zu nahe an den Wald gewagt.
Mit einem Magier und zwei Kämpen machte ich mich auf den Befehl ni Graines hin auf den
Weg in den Wald... Wir mußten arg darauf achten nicht in die Nähe einer dieser
verkrüppelten Bäume und Pflanzen zu kommen, aber mit gemeinsamer Arbeit schafften wir
uns einigermassen sicher voran. Und dann, beim heiligen Hlûthar, hörten wir ein
selstames verzerrtes Lachen... Leise, aus der Tiefe.. Wir kämpften uns weiter heran an
diese Stimme und sahen von weitem schon die Vermißte, umschlungen von mehreren
Methamorphodonen. Wir eilten herbei und versuchten mit Stahl und Feuer gegen Ausgeburten
der Niederhöllen vorzugehen.
Befreien konnten wir sie auch schließlich, jedoch mußten wir feststellen, daß sie
bessen war. Mit einem Bannzauber konnten wir sie beruhigen und aus dem Wald zu unseren
Kameraden herausbringen, jedoch konnten wir auch nichts anderes tun, als sie den
mitziehenden Marbiden zu überlassen.
Wir selbst, Rondra sei Dank, hatten nur wenig Schaden davongetragen, von einigen Blessuren
des Kampfes abgesehen...
(noch mit angespannten Nerven, Rhodan Phextreu, gegen Nachmittag des Tages)
"Gegen Abend passierte der Zug eine
unübersichtliche Schlucht. Der Ort schrie förmlich nach einem Hinterhalt,
dementsprechend vorsichtig gingen wir vor und unser Mißtrauen blieb nicht unbegründet.
Der größte Teil der Streiter hatte die Engstelle bereits wieder verlassen, als ein
dumpfes Poltern wie Donnergrollen uns herumfahren ließ. Ein Steinschlag brach von oben
herab, kam dort nieder, wo sich unsere Nachhut aufhielt. Eine gewaltige Staubwolke hüllte
uns ein und verhinderte unsere Sicht, doch entsetzte Schreie ließen uns daß Schlimmste
befürchten.
Als der Staub sich legte, hatten wir uns formiert, einem Angriff zu begegnen. Die Steine
blockierten den Weg hinter uns, hatte Teile der Nachhut unter sich begraben und den Rest
abgeschnitten, dahinter erschall Kampfeslärm. An den Hängen sahen wir eine Schar
Goblins, die den Raum hinter den Steinen mit Pfeilen unter Beschuß nahmen. Dem Geklirr
von Klingen nach, hatten sich eine weitere, größere Schar der ansonsten feigen Rotpelze
sogar in den Nahkampf gewagt. Noch während wir uns bereit machten, den bedrängten
Kameraden zur Hilfe zu eilen, stieg hinter der Barrikade ein Feuerball auf im
Durchmesser so groß wie ein Mensch, glaubte ich seine Hitze bis zu mir hinüber spüren
zu können. Dann rasten die Flammen auf die Felswand zu, wo die Goblins ihre Bögen
fortwarfen und schreiend in alle Richtungen auseinander liefen. Mit einem Knall, der sich
mit nichts vergleichen ließ, was ich bisher je gehört hatte, zerstob der Ball und
tauchte die ganze Wand in ein flammendes Inferno.
Der Kampf hinter der Barrikade war bereits entschieden, als die ersten von uns über die
Steine kletterten. Gut fünfzig Goblins hatten hinter Felsen im Hinterhalt gelegen, den
Steinschlag ausgelöst und die Nachhut angegriffen. Den scharfen Augen des Elfen Arion war
zu verdanken gewesen, daß die Rotpelze rechtzeitig entdeckt worden waren und der Angriff
die Nachhut nicht völlig unvorbereitet traf. Opfer waren vor allem unter den
kampfunerfahren Tobriern zu beklagen, während die Rotpelze den erfahrenen Kriegern,
nachdem diese sich vom ersten Schrecken erholt hatten, keine wirklich ebenbürtigen Gegner
waren. Dennoch, durch die Heimtücke des Gegners hatten wir ein gutes Dutzend Tote und
ebenso viele Verwundete zu beklagen."
(Bericht eines unbekannten Kriegers)
"Jetzt sagt man mir auch mal, daß die Hauptfrau gar nicht die Oberste ist! Na gut, ich hätte mich besser informieren müssen, aber eigentlich unterstehen wir alle Adran von sowieso. Einem Großmeister eines Rondraordens, denen wir uns bald anschließen sollen"
(Colgan Alfaran als er im Fieber auf dem Krankenbett das Erlebte immer und immer wieder durchlebt)
Der Heerzug hatte sein Lager
aufgeschlagen. Die Wachposten drehten ihre Runden, während die anderen Soldaten an den
Lagerfeuern kauerten und ihre eher kargen Rationen verschlangen. Hier zeigte sich
überwiegend eine gewisse Trennung - Adel saß nicht bei gemeinem Volk, Rondrianer nicht
bei Schützen. Und zu den Offizieren hielt man auch Abstand. Etlichen der Soldaten mochte
es nicht leichtfallen, Magier oder Ausländer als Vorgesetzte zu akzeptieren. Oder junge
Führer, wenn man selber schon Kampferfahrung hatte. Dazu kam, daß der heutige Tag eine
herbe Schlappe gebracht hatte. Der Hinterhalt der Goblins war zwar nicht zum Grab der
Nachhut geworden, aber es hatte Tote und Verletzte gegeben - insgesamt wohl etwa jeder
Vierte war blessiert oder gefallen. Sie waren zwar keine Schwächlinge, aber ein derart
unbefriedigendes Kampfergebnis mußte erst verdaut werden. Weniger Probleme hatten die
Veteranen, die schon im Orkkrieg und im Krieg gegen Borbarad, vieleicht gar auf Maraskan
oder in der Khom gefochten hatten. Doch auch sie waren wütend, daß es so gering
geachtete Gegner wie Goblins gewesen waren, die der Einheit derartig zugesetzt hatten. Um
die Moral zu heben hielten die Geweihten des Banners eine improvisierte Rondraandacht ab.
Ehrwürden Leomar von Donnerbach hatte zwar die Stirn gerunzelt, als sich auch Schützen
einreihten, aber sein Amtsbruder Haldan Dragentod von Perricum, der als Leutnant einige
Autorität besaß, hatte ihre Anwesenheit akzeptiert. In seiner kurzen Rede war von
Tapferkeit, von Opfermut und von neuen Gefahren die Rede, die den Soldaten noch
bevorständen. Er vermittelte Entschlossenheit - doch wenig Hoffnung, denn er machte klar,
daß folgende Gefechte noch wesentlich härter und blutiger werden konnten. So war die
Stimmung zwar nicht verzagt, aber düster. Hauptfrau Macha ni Graine, war sich der Lage
klar. Ihre Autorität war in diesem bunten Haufen, in dem viele wesentlich mehr
Kampferfahrung hatten, keineswegs über alle Zweifel erhaben. Sie spürte dies aus den
Blicken der Veteranen - Krieger und Geweihte. Dazu kamen Ahnungen unterschwelliger
Konflikte. Rondrianer kontra Schützen und Magier und Neulinge gegen Altgediente -
Streitstoff gab es genug. Zwar war jetzt kein Zwist zu erwarten. Doch wenn sich die
Belastung steigern würde - wer wüßte, was dann würde? Und der Feldzug hatte erst
begonnen. "Frau Hauptmann!" - Einer der Soldaten war an das Offiziersfeuer
getreten - "Ja, was gibt es?" Der Mann, gepanzert wie ein Krieger, er mochte
Mitte dreißig sein, salutierte nicht nach Art der Rondrianer, sondern wie im Reichsheer.
"Soldat Ranarion vom Norrnstieg. Ich bitte, Frau Hauptmann sprechen zu
dürfen!". "Was ist los? Und rühren, Soldat, wir sind nicht auf dem
Exerzierplatz." Der Mann verzog die Lippen zu einer unwilligen Grimasse: "Bitte,
frei sprechen zu dürfen!" Die Kommandantin hob erstaunt die Augenbrauen - das war
ungewöhnlich. "Einverstanden. Was ist los?" "Es geht um den Hinterhalt
heute. Nach meiner Ansicht ist die Moral der Truppe angeschlagen. Dazu kommt - wenn dort
eine ordentliche Gruppe Kämpfer gestanden hätten, etwa Orksoldaten wie im letzten Krieg
oder reguläre Borbaradianer, dann wäre das ganze Banner in Borons Hallen eingegangen!
Ich glaube nicht, daß dies der einzige Angriff dieser Art bleibt, aber noch so ein
Überfall, und die Hälfte der Einheit ist blessiert oder gefallen, ohne dem Gegner
ernsten Schaden zugefügt zu haben. Ich habe selber längere Zeit in Maraskan Rebellen
gejagt. Wenn der Gegner auch nur halb so gut ist, werden wir uns freuen können, nochmal
so glimpflich davon zu kommen. Deshalb möchte ich vorschlagen, in Zukunft etwas mehr auf
Aussensicherung zu achten. Wir haben doch ein paar Elfen in unserem Haufen - sollen die
doch ein paar Patrouillen zusammenstellen. Keine Kampfkommandos, sondern Spähtrupps, die
den Gegner melden. Dazu würde ich raten, die Ungelernten schärfer auszubilden - jetzt,
im Lager, ist Zeit dazu. Heute haben zu viele zu langsam reagiert, das muß besser werden.
Darum sollten sich die Lanzenführer kümmern. Ein bißchen Übung mit dem Bogen könnte
nicht schaden, im Fechten auch nicht. Die Einheiten müssen schneller selbstständig
agieren und nicht auf Befehle warten. Schließlich sind wir nicht zur Feldschlacht
bestimmt, sondern zur Banditenjagd." Der Ton war freilich kaum
"vorschlagend", sondern vielmehr die Art und weise, wie ein Truppenführer seine
Untergebenen abkanzelte. Macha starrte den Soldaten an "Sie nehmen sich ja ziemlich
viel raus, hier das zukünftige Konzept zu entwerfen, Soldat!" "Bei allem
Respekt, ich habe vermutlich schon mehr Einheiten gehabt als Ihr Männer getötet!"
"Haltung Soldat! Sie befehlen hier nicht!" Der Mann nahm reflexartig Haltung an.
"Ich bitte" diese Worte knirschte er hervor, "darum, meine Vorschläge zu
überdenken!" Dann stand er stramm. Seiner Miene war nichts anzumerken.
"Weggetreten!" bellte die Kommandantin. "Und das nächste mal einen
Vorschlag in der korrekten Form! Wir sind hier nicht bei den Thorwalern!" Der Mann
wirbelte herum und stolzierte davon im Paradeschritt eines Reichssoldaten. Macha
fluchte. Und die sollte sie jetzt führen - Leute, die sie vermutlich als inkompetent
ansahen. Allerdings - ein paar Vorschläge waren vieleicht bedenkenswert. Ihr war
jedenfalls klar - in den Augen ihrer Soldaten mußte sie sich erst noch bewähren. Und ehe
aus dem Haufen eine funktionierende Einheit würde, da mußte wohl noch einige Zeit
vergehen. Und Zeit war das Gut, daß im Krieg stets knapp war.
"Die Tage nach dem heimtückischen Goblinüberfall verliefen einigermaßen ruhig,
schließlich hatten wir auch schon einige Verletzte zu versorgen und waren froh, daß wir
etwas zu Ruhe kommen konnten.
Man merkte deutlich, mit welch hochnäsigen Blicken uns die Rondra-Jünger würdigten.
Mich persönlich störte das eher wenig, habe ich doch mein halbes Leben an der Seite
eines Ritters der Göttin verbracht und waren mir natürlich dessen Stolz und Ehrgefühl
bestens bekannt. Magister Kariak von Beilunk kümmerte sich aufopferungsvoll um die
Verletzten irgendwie erinnert er mich stark an meine gefallene Freundin Bernika. Er
verkörpert wie sie die rondragefällige Symbiose aus profunder Schwertkampfkunst und
intelligenten Einsatzes seiner magischen Fähigkeiten.
So trat eines abends Leutnant Haldan Dragentod von Perricum an mich heran und bat mich um
ein Privatissimum in sein Zelt. Er befahl mir in der ersten Stunde nach Mitternacht einen
Probealarm durchzuführen, um die Einsatzfähigkeit unseres Banners festzustellen.
Ich schlich also mit dem Elfen Arion zu Mitternacht in ein angrenzendes Waldstück und
besprach noch einmal kurz unseren Plan: Auf Befehl unserer Hauptfrau wachten stets zwei
unseres Banners für eine Stunde. Es war ihnen strengstens untersagt alleine zu agieren
oder eigenhändig einem Vorfall ohne vorherige Alarmierung des Banners nachzugehen.
Am Wachfeuer saßen gerade Ranarion von Norrnsteig und Colgan Alfaran als wir uns so nah
wie möglich an das Lager heranpirschten. Mit rußverschmiertem Gesicht und einem
übergeworfenen Wolfsfell beobachteten wir die zwei Wachen, die gerade von einem Rundgang
zurückgekehrt waren. Ich gab Arion das Zeichen und dieser ahmte täuschend ähnliches
Wolfsgeknurr nach. Sofort schreckten die Wachen auf, nahmen ein brennendes Scheit aus dem
Feuer und zogen ihre Schwerter. Langsam näherten sie sich und leuchteten mit ihren
Fackeln in unsere Richtung. Auf ein zweites Zeichen zauberte Arion eine harmlose Illusion
herbei und ließ zwölf Wolfsaugenpaare ihm Unterholz erscheinen. "ALAAAAAARM,
WÖÖÖLFE!", ertönte es von den Wachen, die sofort ans Lagerfeuer zurückwichen um
die Zelt zu bewachen. Im Nu war das ganze Lager munter, man hörte Befehle und das Geklirr
von Waffen und Rüstungen, die hastig umgeschnallt und angezogen wurden. Natürlich
standen die Hauptfrau und ihr Leutnant als erste in voller Montur vorm Zelt, waren sie
doch die Initiatoren dieses Plans gewesen. Erstaunlich schnell versammelten sich auch die
restlichen unseres Banner vor ihren Zelten und formierten sich auf Geheiß der Hauptfrau
zu einem Perricumer Kämpferigel. Nachdem auch der letzte Mann auf seiner Position stand
meinte sie aufmunternd:
"120 Herzschläge nicht schlecht für so einen bunten Haufen!"
Das war unser Zeichen und auch Arion und ich verließen unser Versteck im Wald und traten
auf die Lichtung.
"Wenn wir in unseren Rüstungen schlafen würden, könnten wir sogar noch schneller
werden. Also dann, Männer und Frauen, so gefällt mir das, dafür gibts morgen eine
extra Portion beim Mittagessen! Für RONdra...!" Und wie aus einem Munde ertönte:
"Für ein freies Tobrien!" Nach diesem gelungenen Probealarm legten wir uns
wieder zu Bett und unsere Wachen sorgten dafür, daß wir auch in dieser Nacht ruhig
schlafen konnten."
(Korporal Vitus zu Lowangen, Oberst der Reichsarmee a. D.)
Seit einigen Tagen war unser Haufen nun
schon in eiligem Tempo marschiert, um den Vorsprung des Heeres aus Weidenern und
Rondrianern aufzuholen.
Es war bereits Abend geworden, als ich den als Späher ausgeschickten Elfen Arion
Traumsänger in mörderischem Tempo auf unsere Hauptfrau, Macha ni Graine, und ihr Gefolge
zurennen sah. Er schien unheilvolle Kunde mit sich zu bringen, denn sein Gesicht war von
Furcht und Erschöpfung gezeichnet.
Wenige Momente nachdem der Elf der Hauptfrau berichtet hatte, rief diese einige Befehle zu
ihren Begleitern und gleich darauf ertönte der donnernde Schrei des Leutnants: "...
Gefechtsformation einnehmen...!"
Völlig überrascht sahen sich viele Recken erst erstaunt um, bevor sie überhaupt
begriffen, was gerade geschah und dann hastig in Richtung ihres Platzes eilten.
Sobald alle standen, ritt Macha ni Graine vor ihre Untergebenen und erklärte in kurzen
Zügen die Lage:
"Offensichtlich haben etwa 2 Meilen östlich unserer Position eine Gruppe ehrloser
Paktierer es vollbracht, einen kleinen Waldfriedhof zu entweihen und die dort liegenden
Toten abermals zum Kampfe auferstehen zu lassen. Wohl dies, um unser Aufschließen an
Löwenbrands Heer zu verhindern."
Kaum hatte sie zuende gesprochen, da trat auch schon die schreckliche Horde aus dem Wald;
da ihre Meister wohl mittlerweile erkannt hatten, dass ihre Tarnung nun Dank unseres
Spähers aufgeflogen war.
Erschreckt stellten wir fest, dass uns der Feind vier zu eins überlegen war. Zudem kam
noch die Erschöpfung des zurückgelegten Marsches hinzu. Bis jemandem eine zündende Idee
kam, blieb wohl keine andere Möglichkeit, als dem scheußlichen Feind die Stirn zu
bieten, versperrte er uns doch den einzigen zu unserem Bestimmungsort führenden Weg.
Der Befehl zum Vorrücken kam, und zusammen mit einigen anderen Streitern brachte ich
meine Lanze in Position und ritt los, ein lautes Gebet an unsere Herrin Rondra rufend, um
ihren Beistand zu erflehen und meinen Kameraden und zugegebenermaßen auch mir Mut zu
machen ...
... Kampfgeschrei ertönte und auch das Klirren von Metall auf Metall war zu vernehmen,
als die ersten Schlachtreihen zusammenstießen. Doch auch Schmerzensschreie getroffener
Recken waren nach einiger Zeit nicht zu überhören.
Neben mir focht Rhodan Phextreu, einer der Weibel. Er erschlug Gegner um Gegner, nur um
festzustellen, dass jedes Mal ein Weiterer an die Stelle des Erschlagenen trat. Ich zog
gerade meine Lanze aus dem Brustkorb eines nun reglosen Zombiekörpers, als ich Rhodans
Blick bemerkte. Dieser Blick gefiel mir, denn er hatte eine Art Erleichterung in sich. Er
schien eine Idee zu haben.
"Die Beschwörer", stieß er in einem Schrei aus "folge mir!! Und du
auch!!"
Und so folgte ich, zusammen mit eine Kriegerin namens Serila Korniger dem Weibel in
rasendem Galopp und mit angelegter Lanze um die Flanken der beiden Heere herum und
geradewegs auf einen Hügel zu, auf welchem sich die Beschwörer, umgeben von nur wenigen
Untoten, befanden. Denn unter Umständen hätte deren Vernichtung zumindest Chaos unter
den Reihen der Untoten geschaffen, und uns somit doch eine reelle Siegeschance eröffnet.
Doch da löste sich aus dem Abwehrring um die Paktierer ein berittener Zombie und stürmte
mit rot glühenden Augen auf uns drei zu. Ich rief zu Rhodan Phextreu und Serila Korniger,
sie sollten weiterreiten; ich würde mich um den Reiter kümmern. Doch hätte ich nie
gedacht, was da auf mich zu kam.
Mit voller Wucht rammte ich meine Lanze in den unheiligen Körper, während Rhodan und
Serila ungebremst auf ihr Ziel zugaloppierten. Doch der verweste Leichnam war robuster als
ich jemals vermutet hätte. Zwar bohrte sich die Lanzenspitze tief in den von Maden
zerfressenen und bewohnten Leib hinein, jedoch war die Wucht des Aufpralls so groß dass
die Lanze brach und ich nach dem Verlust meines Gleichgewichtes von meinem treuen
Streitross fiel.
Der Weibel und die Kriegerin hatten indes ihr Ziel erreicht und stellten zu ihrer
Verwunderung fest dass sich die verfluchten Paktierer nicht verteidigten, sondern, feige
wie sie waren, mit Hilfe eines Teleportationszaubers die Flucht ergriffen.
Sogleich verlor auch die Horde der Untoten ihre Struktur und wurde so von unserem Banner
aus kampferprobten Männern und Frauen mit nur noch wenig Mühe aufgerieben. Auch der
seltsame Reiter, mit dem ich mir gerade noch einen heftigen Schwertkampf geliefert hatte,
verlor auf einmal seine Macht und ging unter dem nächsten Hieb zu Boden.
Die Schlacht war gewonnen ... wenn auch die Frevler entkommen konnten ... so konnten wir
denn wenigstens rechtzeitig am nächsten Morgen auf die Weidener und Rondrianer stoßen.
Bis dahin gab es jedoch noch so manche Wunde zu heilen und auch einige Verluste zu
betrauern.
(Thordenan Donnerberg, Knappe der Göttin Rondra und Korporal des Freiwilligenbanners)
...30. Ingerimm 30 Hal
Noch vor Sonnenaufgang berichteten die tobrischen Freischärler, dass sich von Westen her
ein Wehrhaufen in Bannerstärke über den Sichelstieg näherte. Dies mußten jene
Freiwilligen sein, die dem Aufruf des Großmeisters des Ordens vom Zorn der Göttin Rondra
gefolgt waren, es jedoch nicht rechtzeitig bis Salthel geschafft hatten. Umso mehr mußte
man es ihnen anrechnen, dass sie auf eigene Faust die Überquerung des Sichelstieges
gewagt hatten, um den Vorsprung des Heeres aus Weidenern und Rondrianern aufzuholen. Gegen
Mittag hatten sie es endlich geschafft. Das Freiwilligenbanner "Wolfsrudel", wie
es sich nannte, gemahnte fürwahr mehr an eine wilde Meute als an eine militärische
Einheit. Eine Handvoll Krieger, fast alle davon adelig, dazu drei Geweihte der Rondra
das mochte noch angehen. Dazu ein Firungeweihter, ein Zwerg, zwei Magier, zwei
Elfen und ein Halber, sowie ein Halbbanner Freier aus der Baronie Gallstein, zum Teil
tobrische Flüchtlinge, hoch motiviert, jedoch völlig unerfahren. Noch nie sah man einen
bunteren Haufen auf dem Sichelstieg. Die frisch bestallte Hauptfrau, die Junkerin Macha Ni
Grainne von Weidenau, war eine junge Albernierin, trotz ihrer Jugend kampferfahren und
ohne Zweifel mutig. Doch ein Kommando dieser Größenordnung führte sie offensichtlich
zum ersten Mal. Selbst das Banner, drei weiße Wölfe auf grünem Grund, sah aus wie aus
Kleiderresten zusammen geflickt -und vermutlich war es das auch. Dennoch waren sie uns
willkommen. Ihr Herz schlug für dieselbe Sache.
Morgen würden wir endlich Meilersruh erreichen! Dann wird es zu einer Entscheidung
kommen, so oder so...
(Kommentar eines Geweihten der Schwerter zu Gareth)
"Hat sie es also doch noch geschafft sich mit ihrem Banner uns anzuschließen. Und das auch noch zur rechten Zeit! Ich wußte es, daß es das Richtige war, ihr den Befehl zu übergeben."
(Annerkennender Kommentar Seiner Exzellenz von Bredenhag, beim Erscheinen des Freiwilligenbanners)
"Wie weg? Was soll hier heißen
Der Elf ist weg? Wir sind hier doch nicht auf dem Rahjafest von Punin, wo man
sich mal eben in die Büsche schlagen kann. Das ist... das ist doch (keuch, schnauf) ...
Desertation, Hochverrat... verdammter Lump.. habs doch gleich gewußt," das Gesicht
läuft rot an und Macha hin und her... "Wechselbälger, heimtückische Waldgeister,
immer das gleiche." Macha fängt an, mit dem Schwert einen Holzklotz zu zerhacken.
"Und nichts gesagt hat er, der Lump! Wenn ich den in die Finger kriege..."ein
paar wutentbrannte Hiebe auf den unschuldigen Holzklotz..."dem zieh ich die
Spitzohren lang...noch länger..."
(Der Wutausbruch Ihrer Wohlgeboren ni Graine nachdem ihr das Verschwinden des Firnelfen Tharon Mondlicht gemeldet wurde
"Eben jener Tag hatte und sollte sich
in vielerlei Hinsichten als ein ganz besonderer herausstellen. Bereits zu Morgengrauen
teilte uns Hauptfrau Ni Grainne mit, daß Seine Exzellenz Rondrasil Löwenbrand
höchstpersönlich den alltäglichen Feldgottesdienst leiten wird. Unsere Rondrianer
brachen in schiere Freudentaumel aus, wir "Weltlichen" sozusagen waren froh,
überhaupt alltäglich den Segen der Götter aufs Neue empfangen zu dürfen
nichtsdestotrotz war es doch eine Einmaligkeit den obersten Heerführer der Rondrakirche
bei seinen Gebeten und Liturgien zu begleiten.
So rückte auch schon die freudig erwartete Mittagsstunde immer näher und schlußendlich
wurde auch ein sicherer Rastplatz gefunden. Nachdem unsere Späher die Umgebung gesichert
hatten und die Feldküche aufgestellt worden war, bildeten die hungrigen Kämpen eine
Reihe und stellten sich im Traviamarsch zum Essen fassen an.
Gut eine halbe Stunde später, als die Sonne am höchsten stand, betrat nun Ihre
Exzellenzen mit ihren engsten Getreuen die Mitte unseres provisorischen Feldlagers und
ließen von ihren Schwertbrüdern um Silentium bitten. Natürlich wagte keiner der
Anwesenden diesem Befehl nicht nachzukommen und so lag eine angenehme oder soll ich
sagen bereits unheimliche Ruhe über der Lichtung. Alsdann trat ein Gehilfe
Löwenbrands an seine Seite und überreichte ihm ein in rotes Leder gebundenes Buch, das
mit goldenen Lettern beschriftet war. Leider konnte ich den Titel nicht genau erkennen,
stand ich doch ob meiner Größe in der letzten Reihe.
Rondrasil holte noch einmal tief Luft, blickte in die Runde, rammte sein Schwert vor sich
in den Boden und begann mit kräftiger Stimme zu rezitieren und jede Zeile wurde von den
Anwesenden auf Garethi wiederholt:
Oh, Domina RONdra, nostras preces audi!
certamen singulare gratus et sanctus tuum imperatum est!
tempestas, fulmen et tonitrus tuas notas sunt!
tua bona omnia, oh Domina, nos dona, ut hosti resistemus!
tum exercitum hostis tua iusta ira cruentabimus et fugabimus!
et daemonico adversario ortu solis tua vi resistabimus!
cum gladio, scuto et armis et auxilio leanae caeli hostes superabimus!
nostrum caput illis diebus protege!
tua voluntas nostrum iussum est!
pro RONdra, pro libera Tobria!" (1)
"... für ein freies Tob...AHHHHH", und mit einem gewaltigen Aufschrei ging Rondrasils Liturgiegehilfe, tödlich von hinten in den Hals getroffen, zu Boden. Ein weiß-schwarz-rot gefiederter Speer steckte in seinem Genick und war ihm durch den Mund wieder herausgefahren. Augenblicklich war die heilige Ruhe gebrochen und unser Trupp schlagartig in Aufruhr versetzt. Sofort gellten Befehle und Waffen wurden gezogen. Die ersten waren zu Rondrasil und Adran gestürzt, um diese vor weiteren Attacken zu schützen, andere eilten zu dem Verletzten, um zu retten, was es zu retten gab, die meisten jedoch, von rondragefälligem Zorn gepackt, machten sich auf um den oder die Attentäter zu stellen.
Hauptfrau Ni Grainne reagierte
blitzschnell: "In Vierergruppen formieren wie vorher besprochen! Leutnant
Haldan Kommando übernehmen! Weibel Phextreu mit einem Trupp nach Osten ausschwärmen!
Weibel Beilunker dasselbe im Westen! Korporal zu Lowangen dito im Süden! Korporal Ilko
und Donnerberg samt Trupps zu mir! Ausschwärmen!!" Sofort gab ich das Zeichen zum
Sammeln und obwohl wir erst wenige Tage zusammen waren, fanden sich meine Truppmitglieder
Arion, Torja, Ranarion und Gahlin erstaunlich schnell bei mir ein. Ein kurzer Blick
reichte, um zu wissen, daß Arion die Führung übernehmen würde ist er doch der
beste Fährtenleser unseres Trupps. Alsdann fingen wir mit gezückten Waffen zu laufen an
und Arion führte uns immer weiter in den dichten Wald. Auch die Rondrianer durchkämmten
die umliegenden Waldstücke, doch schienen sie sich auf den Waldesrand konzentriert zu
haben. Keiner wußte von wo dieser Speer genau gekommen war, aus südwestlicher Richtung
hatte Arion gemeint. Es schien, als habe der Elf auch schon eine Fährte gefunden, doch
irgendwie erinnerte mich diese eher an die Abdrücke eines Wolfes. Bin ich zwar beileibe
kein Fährtensucher, doch so viel sagte meine langjährige Erfahrung, daß diese Abdrücke
bestimmt von keinem Menschen oder Orken stammten. Plötzlich gab Arion das Zeichen zum
Halten und kniete vor einem Abdruck nieder. "Magister Gahlin, ich brauche Euren Rat!
Seht Euch diesen Abdruck an!" So beugte sich auch der Magier hinunter und zwickte
sich sein Monokel vor die Augen: "...merkwürdige Mutationsstruktur ...
chimärologische Aspekte bereits auf der Fußsohle zu erkennen ... das spricht für ein
fortgeschrittenes Stadium..." "Ja und was heißt das jetzt im Klartext?",
fuhr ihn Torja an. "Daß wir es mit einem Mischwesen aus einem Wolf und einem Mensch
oder menschähnlichen Wesen sprich Ork oder Goblin zu tun haben",
antwortete der Magier ruhig. "Na dann wird eben dieses zwölfmal verfluchte Wesen in
die Niederhöllen fahren, bei Rondra!" Ich gab den Befehl, eine Kämpferkette zu
bilden und seinen Nachbarn auf keinen Fall aus den Augen zu lassen. So durchkämmten wir
den Wald, immer dieser merkwürdigen Spur folgend, als wir kurze Zeit später eine kleine
Lichtung erreichten, die anscheinend als Lagerplatz diente. Überall lagen verwesende und
bereits skelettierte Tierreste, die einem Raubtier als Nahrung gedient haben mußten.
Arion rümpfte sein Nase ob des Gestankes und hielt sich ein Stofftuch vor, um sich nicht
übergeben zu müssen. Wir bildeten einen Kreis und betrachteten die Lichtung näher.
Alles war ruhig nur das Knacken der Bäume hatte etwas Unheimliches an sich. Mein
Blick schweifte nach oben um den Grund dieser Geräusche entdecken zu können. Kaum hatte
ich meinen Kopf nach oben gerichtet, sprang ein gar grausam anzublickendes Wesen von der
Baumgruppe mitten in unsere Gruppe. Mit einem ohrenbetäubenden Geschrei stürzte sich die
Ork-Wolf-Chimäre auf Torja und verbiß sich mit seinen scharfen Zähnen in ihrem Bein.
Einen Herzschlag später holten aber bereits Ranarion und ich mit unseren Schwertern aus
und hieben dem Untier schwer in die Seite. Feneq so der Name meiner Klinge
durchbrach zwei Rippen und Ranarions Schwert zog dem Ungeheuer ein drei Handflächen
großes Fellstück ab. Auch Torja versuchte mit ihrem Zweihänder das Tier zu verletzen,
doch zeigte sich diese große Waffe als zu unhandlich und so mußte sie auf unsere Hilfe
hoffen. Immer tiefer grub sich das Gebiß in ihren Oberschenkel und schon bald verlor sie
das Bewußtsein. Immer wieder hieben wir auf den Oberkörper des Tieres, doch schien es in
blinde Kampfeswut verfallen zu sein, in der es resistent gegen jegliches Schmerzempfinden
ist. Erst als Magister Gahlin uns zur Seite gewunken hatte und dem Untier mit einem
Feuerstrahl den gesamten Hinterleib verkohlt hatte, ließ es von Torjas Fuß ab und spie
seine letzten unheiligen Gedärme aus, ehe es zuckend sein Lebenslicht ausbließ.
Vorsichtig näherten wir uns dem toten Untier, als es noch einmal seinen zerschmetterten
Kopf hob und mit kehliger Stimme "Naigrach, Naigrach, Nai..." grunzte.
Interessiert begutachtete Magister Gahlin dieses Mischwesen aus Ork und Wolf,
währenddessen Arion sich um die bewußtlose Torja kümmerte. Ranarion und ich sicherten
derweilen die Lichtung. Dank der heilenden Hände des Elfen erwachte die Kriegerin bald
wieder und konnte von uns gestützt sogar aufrecht stehen. Magister Gahlin hatten sich
bereits ein Bild von jener unheiligen Kreatur gemacht und äußerte seine Analyse:
"Sicher kann ich nun sagen, daß jenes Wesen ursprünglich ein Ork gewesen sein muß,
wobei ich jedoch nicht genau sagen kann, wie jene Mutatio mit einem Wolf entstanden ist.
Ich bin kein Spezialist was Chimärologie angeht, aber ich vermute, daß dieser
bedauernswürdiger Ork durch irgendwelche unheilgen Umstände zu einem Pakt mit dem
Widersacher Firuns gekommen ist. Als Indiz dafür, kann man den zuletzt gehörten Ausruf
anführen, der als eine Mixtur aus einer Orkgötze und dem erzdämonischen Namen zu
konstatieren ist. Des weiteren ist jener Speer ein eindeutiges Zeichen einer Verbindung
mit dem Erzdämon so weiß ich, daß jeder, der seine Seele an den Herren der
unheiligen Kälte verschreibt, diesen sogenannten Freispeer bekommt. Wir können nur von
Glück im Unglück sprechen, daß er nicht seine Exzellenz getroffen hat." Nach
dieser schnellen Analyse befahl ich wieder zum Lager zurückzukehren. Arion und der Magier
hatten den Kadaver in ein großes Leinentuch eingehüllt und schleiften ihn hinter sich
her während wir die verletzte Torja stützten.
Als wir auf unserer Lichtung ankamen, war die Suchaktion noch immer im Gange und hektisch
war ein Verteidigungskreis gebildet worden. Wir erfuhren, daß der bedauernswerte
Liturgiegehilfe an den Folgen des Speers gestorben war, Troja jedoch erholte sich dank
vieler heilkundiger Hände erstaunlich rasch und konnte sich am Abend wieder alleine
fortbewegen.
(Korporal Vitus zu Lowangen, Oberst der Reichsarmee a. D.)
"Also dieses Spitzohr, Verzeihung,
Ihro Gnaden Tharon Mondlicht, leistete sich ja schon was. Zuerst haben wir ja nur einen
Schock gekriegt, als er plötzlich samt Pferd und Ausrüstung weg war, aber das unsere
Hauptfrau durch das Lager tobte und beinahe den Kessel mit dem Frühstückstee umgeworfen
hatte, ging wohl etwas zu weit. Ich meine, was soll das? Die Kampfhandlungen hatten noch
gar nicht angefangen und am ersten Gefecht war Ihro Gnaden nicht einmal beteiligt! Angst?
Das kann ich mir bei einem Geweihten des Firun nicht vorstellen. Aber was sonst trieb
einen Jäger dazu, sich von seinem Banner zu entfernen? Nun gut, die meisten von uns
vergaßen die Sache schnell, bis auf die natürlich, die das Spitzohr schon des
Hochverrats, der Fahnenflucht und sonstiger Dinge anklagten... Um so größer war die
Überraschung, als er nach vier Tagen wieder im Lager erschien, zumal er nicht allein war.
Von seinem Pferd, mit dem er manchmal abends noch ausgeritten war, fehlte jede Spur,
dafür begleiteten ihn ein Karen. Die Wachposten hatten den Elfen schon früh bemerkt und
ihm eine kleine Reitereinheit entgegengeschickt, die den Elf nun flankierte und zum Zelt
des Rondrasil Löwenbrand, immerhin der eigentliche Anführer dieses Zuges, brachten. Dort
angekommen, ließen sie nur den Geweihten Mondlicht ein und das in voller
Bewaffnung! Entweder trauten sie dem Elfen nicht zu, dass er eine Chance gegen den
Heermeister der Rondra und seine Leibgarde haben würde, oder betrachteten den Elfen nicht
als Gefangenem. Zumindest unsere Hauptfrau schien noch immer nicht von der Vorstellung
abgerückt zu sein, dass der Elf Fahnenflucht begangen hatte, denn sie verlangte
nachdrücklich, ebenfalls in das Zelt eintreten zu dürfen. Sie wurde auch vorgelassen,
ebenso Seine Exzellenz von Bredenhag, der Großmeister des Ordens des Heiligen Zorns der
Göttin Rondra. Zu Viert, Heermeister, Großmeister, Hauptfrau und Elf, traten sie nach
einer Weile aus dem Zelt, alle noch in voller Montur und Bewaffnung.
Während Löwenbrand von dannen schritt, schien Hauptfrau ni Graine ein leises
Zwiegespräch mit Bredenhag zu führen, denn allen Anschein nach, wußte dieser ebenso von
Tharons Handeln, wie der Heermeister. Wie es scheint, ist diesem Zug der Löwin auch der
Fuchs nicht fern... Auf jeden Fall legte sich die Aufgeregtheit über die vermeintliche
Fahnenflucht wieder selbst unsere Hauptfrau schien nicht weiter an ihrer Anklage
festzuhalten dafür konnte man die Beziehung zwischen ihr und dem Elfen wohl kaum
als gut bezeichnen. Vielleicht lag es ja auch daran, dass der Elf jeden Befehl von ihr
drei Mal hinterfragte und viele Einzelaktionen durchzog vielleicht auch daran, dass
sie als Albernierin Elfen nicht leiden konnte. Auf jeden Fall gingen sich beide so gut wie
möglich aus dem Weg.
(Ein unbekannter Krieger)
"Tharon diesmal jedoch auf Befehl Graines hin auf Kundschaft außerhalb des Lagers, tauchte plötzlich mitten unter den Bogenschützen des Lagers auf undeilte zu unserer Hauptfrau. Jene, gefolt von dem Elfen, eilte nach kurzer Zeit wieder aus dem Zelt und gab Arion und den Bogenschützen den Befehl ihm zu folgen. Sie entfernten sich zusammen vom Lager und ich folgte ihnen in geringem Abstand. Nach einigen hundert Schritt erreichten sie eine Waldgruppe und teilten sich beiderseits des Weges durch den Wald auf. Ich blieb in einiger Entfernung zu dem Wald liegen, hatte aber glücklicherweise Einsicht in den Waldweg und sah den Feind dann auch kommen. Ein Halbbanner Reiterei mochte man meinen, und alle in den Farben der Erben Borbarads. Ich traute meinen Augen kaum, als ich Tharon aus dem Wald treten sah. Seelenruhig stellte er sich vielleicht dreißig Schritt und hielt den gespannten Bogen in Richtung Feind. Die Reiterei hielt kurz inne, Tharon schrie "Firun steh uns bei!" und die ersten Reiter schrien, weil sie von den Pfeilen der Bogenschützen gefällt worden. Den Kopf des Offiziers durchbohrte der Pfeil Tharons, die anderen Reiter waren schnell niedergemacht. Unsere Mannen und Maiden hatten nur ein Todesopfer zu beklagen, einen der Schützen. Wie in aller Selbstverständlichkeit bauten Bogenschützin und Elfen einen Scheiterhaufen, auf den sie die Leiber der gefallenen Feinde aufbarten für den toten Kameraden errichtete man später im Lager einen eigenen Scheiterhaufen, da man auch wirklich sicher gehen wollte, daß er seine Ruhe findet... Arion entfernte sich von der Gruppe und schien zum Lager zu wollen, tippte mich aber plötzlich von hinten an und sagte etwas wie "Lasst sie doch die Toten alleine beerdigen. Wenn du ihnen nicht helfen willst, solltest du wenigstens nicht hier rumliegen und Zielscheibe spielen..." Arion hatte mich also schon die ganze Zeit bemerkt. Zum Glück können die Augen dieses Elfen zwischen Freund und Feind unterscheiden, denn seine Pfeile sind ebenso tödlich wie die des Geweihten Firuns. Ich folgte seinem Rat und kehrte zurück ins Lager. Gegen Abend kamen auch die Kämpfer zurück, und setzten sich zusammen an ein Lagerfeuer. In der Ferne mahnte der Rauch eines Scheiterhaufens an die letzte Schlacht und einer der Bogenschützen erstattete noch Meldung bei unseren Anführern, aber im allgemeinen blieb es die Nacht über ruhig. Die Zukunft liegt im Ungewissen, aber eins ist sicher, wir haben gute Chancen, unser Vorhaben zu erreichen."
(Ein unbekannter Krieger)
...1. Rahja 30 Hal
Am späten Nachmittag hatten wir es geschafft. Vor uns lag das Dorf Meilersruh. Eine
hölzernen Palisade schützte die gut zwei Dutzend Gebäude, die den Ort bildeten, und im
Zentrum erhob sich trutzig und mächtig jenes steinerne Ungetüm, dem die Baronie seinen
Namen zu verdanken hat: Thurm Eisenrath. In der Senke vor dem letzten Hügel, außerhalb
der Sicht des Feindes, errichteten wir das Lager. Doch sie wußten, dass wir hier waren.
Wenn wir uns irgend etwas sicher waren, dann dessen. Im Osten von Meilersruh wartete das
halbe tobrische Landwehrregiment "Prinz Arlan", das der Kanzler von Tobrien im
Namen seines Herzogs versprochen hatte. Am Abend kam es dann zur letzten Lagebesprechung.
Die Stimmung war gedrückt. Jeder wußte nur zu genau, dass der Angriff auf Meilersruh und
den Thurm einen enormen Blutzoll kosten würde.
Für die Rondrianer war die Taktik klar: sie würden im Morgengrauen - mit Chorälen auf
den Lippen - den Sturm auf die Palisaden beginnen. Von strategischen Spielen wollten sie
nichts wissen. Doch dann, kurz vor Sonnenuntergang, begann die Erde zu beben. Zuerst nur
ganz leicht, kaum wahrnehmbar, um hernach immer stärker zu werden. Mitten im Lager der
Verbündeten warf sich mit einem dumpfen Dröhnen ein gewaltiger Erdhaufen auf, aus dem
sich langsam und kraftvoll ein mächtiges stählernes Ungetüm wälzte. Nach einigen
Augenblicken herrsche Stille. "Bei Xarfai! War das ein Höllenritt!" hallte es
metallen aus dem Innern des Kolosses. Quietschend öffnete sich eine Luke und mühsam
kletterte eine in schwarz und rot gekleidete Gestalt mit einem merkwürdigem Helm auf dem
Kopf heraus. "Wir sind die erste Verstärkung vom Tobelstein!" sprach er,
während er beschwerlich seine maskenartige Haube vom Schädel nahm. Verwirrt wanderte
sein Blick über die vor ihm versammelten Gestalten, dann nach Osten, wo er in einiger
Entfernung Thurm Eisenrath erkennen konnte. "Uuups..." entfuhr es ihm noch, als
eine zwergische Wurfaxt seinen Schädel spaltete. Dann geschah alles ziemlich schnell. In
wenigen Augenblicken waren die Zwerge über die restliche Besatzung dieses grabenden
Gefährts hergefallen, das sie offensichtlich
als persönlich Beleidigung betrachteten. Das Gesicht des Barons der Bollinger Heide
hellte sich dagegen ein wenig auf und mit einem Funkeln in den Augen suchte er den Blick
Rondrasil Löwenbrands. Dieser runzelte die Brauen. "Ihr denkt doch nicht
etwa...?" - "Doch, genau das denke ich...!" Nach kurzem Überlegen nickte
der Heermeister der Rondrakirche. "Wenn Ihr Freiwillige für dieses Alveranskommando
findet, die sich diesem Höllengefährt anvertrauen wollen..." Der Weidener wandte
sich an den Ordensmeister der Zorner, doch dieser wehrte mit einer Handbewegung ab.
"Ich habe schon nach ihr schicken lassen..." Mit einem Lachen legte Knorrhold
von Harffenberg-Binsböckel seinen Arm um die Schulter des Barons von Schwarzenstein:
"Schenkt der jungen Albernierin schon mal einen von Eurem Meskinnes ein. Am besten
einen Doppelten, sie wird ihn brauchen..."
(Espen von Rauheim, Krieger im Orden des Heiligen Zorns der Göttin Rondra, in einem
Brief an seinen Sohn, geborgen von seinem Leichnam)
Der heilige und gefällige Zweikampf ist dein Gebot!
Sturm, Blitz und Donner (sind) deine Merkmale!
Gib uns, oh Herrin, deinen Segen, damit wir dem Feind widerstehen!
Dann werden wir das Heer des Feindes durch deinen gerechten Zorn mit Blut beflecken und in die Flucht schlagen!
Und durch deine Kraft werden wir dem dämonischen Feind im Osten widerstehen!
Mit Schwert, Schild und Rüstung und durch die Hilfe der Himmelslöwin werden wir die Feinde besiegen!
Beschütze unser Haupt in diesen Tagen!
Dein Wille ist unser Befehl!
Für Rondra, für ein freies Tobrien!
D.Mörsdorf / B.Strümpel / F.Mienkuss / R.Albrecht /
N.Menze / E.Mattle / M.Batutschka / D.Steinbach / G.Kluge / A.Kärgelein